Die erstaunliche Rolle der Schwarzen Soldatenfliege in einem wegweisenden EIP-Projekt
Die Landwirtschaft steht vor der großen Herausforderung, Ressourcen noch effizienter zu nutzen und negative Umweltauswirkungen weiter zu minimieren. Vor diesem Hintergrund koordiniert das Netzwerk Ackerbau Niedersachsen e.V. (NAN) ein ehrgeiziges Projekt, das den Umgang mit Reststoffen in der Landwirtschaft revolutionieren könnte.
„AbDü – vom Abfall zum Dünger“ ist ein dreijähriges Vorhaben, das im Rahmen der Europäischen Innovationspartnerschaft (EIP) finanziert wird. Ziel des Projekts ist es, nicht vermarktbare Erzeugnisse aus dem Acker- und Feldgemüseanbau in einen hochwertigen Dünger zu verwandeln. Dies geschieht in einem vollautomatisierten Plug & Play Bioreaktor mit einem ungewöhnlichen, aber äußerst effizienten Helfer: der Schwarzen Soldatenfliege.
Herausforderungen bei der Verarbeitung von Feldgemüse
Bei der Erzeugung und Verarbeitung von Feldgemüse, insbesondere bei Zwiebeln und Kartoffeln, entstehen jährlich beträchtliche Mengen nicht vermarktbarer Produkte. Diese wurden bisher entweder zerkleinert und auf den Feldern untergepflügt oder in Biogasanlagen entsorgt. Doch dies ändert sich nun!
Die Schwarze Soldatenfliege als Lösung
Gemeinsam mit der ChiPro GmbH aus Bremen, der Universität Münster, einem der größten Freilandgemüseerzeuger in Deutschland, der Behr AG aus Seevetal und dem landwirtschaftlichen Betrieb Brüning GbR in Lilienthal, der unter dem Label „Worpsweder Perle“ Kartoffeln vermarktet, will das NAN mit dem AbDü-Projekt eine innovative Lösung erproben. Ein vollautomatisierter Plug & Play Bioreaktor soll entwickelt werden, der Reststoffe direkt an ihrem Entstehungsort in hygienisierten Dünger umwandelt. Die eigentliche Transformation erfolgt durch die Larven der Schwarzen Soldatenfliege (Hermetia Illucens). Sie werden mit Gemüseresten, darunter Salat, Kartoffeln und Zwiebeln gefüttert. Erstaunlicherweise benötigen die Larven nur wenige Tage, um diese pflanzlichen Stoffe in wertvollen Dünger zu verwandeln. Die Larven werden dann von den verbleibenden Rückständen getrennt und können als alternative Protein- und Fettquelle im Tierfutter oder zur Ei-Produktion für die nächste Generation der Schwarzen Soldatenfliegen dienen
Die Rolle von Chitosan
Das Projekt geht sogar noch einen Schritt weiter und reichert den erzeugten Dünger zusätzlich mit Chitosan an, das aus den adulten Fliegen und Puppen der Schwarzen Soldatenfliege gewonnen wird. Die Universität Münster hat einen Prozess entwickelt, bei dem ein Chitosan entsteht, das in Struktur und Funktion dem aus den Schalen von Krustentieren gewonnenen Chitosan ähnelt und herausragende Pflanzenstärkungseigenschaften aufweist. Dieser Prozess wird im Laufe des Projekts weiter verfeinert und unter Freilandbedingungen getestet. Ziel ist es, ein bioaktives Chitosan zu entwickeln, das die Nährstoffeffizienz der Pflanzen steigert und gleichzeitig Nährstoffverluste in die Umwelt reduziert.
Nachhaltige Innovation
„Im Rahmen des AbDü-Projektes bauen wir den ersten vollautomatisierten, mobilen Bioreaktor, den die Landwirte dort aufstellen können, wo die Reststoffe anfallen“, erklärt Norman Breitling, der Ideengeber und Konstrukteur des Bioreaktors bei der ChiPro GmbH in Bremen. Diese Innovation verspricht nicht nur die Lösung eines akuten Problems in der Landwirtschaft, sondern eröffnet auch neue Perspektiven für nachhaltigen Ackerbau und eine effiziente Ressourcennutzung.
Das AbDü-Projekt zeigt, wie die Natur den Menschen inspirieren kann, um Herausforderungen zu bewältigen. Die Larve der Schwarzen Soldatenfliege könnte sich als lebendiger Bioreaktor erweisen, der einen großen Beitrag für eine nachhaltige Landwirtschaft leistet.
Europäische Innovationspartnerschaft Agri (EIP Agri)
Die Förderung unterstützt kooperative Innovationsprojekte, die Impulse für eine wettbewerbsfähige, nachhaltige und tiergerechte Agrar- und Ernährungswirtschaft setzen. Ziel ist die Förderung von Innovationen und die Verbesserung des Wissensaustausches zwischen Wissenschaft und landwirtschaftlicher Praxis.