
Rund um den Ackerbau gibt es viele innovative Ideen. In Niedersachsen finden hierzu zahlreiche spannende Forschungsaktivitäten statt. Wir wollen sie sichtbarer machen und dabei helfen, Erkenntnisse zu verbreiten. Deshalb stellen wir jeden Monat ein Projekt vor. Das Projekt im September heißt P-Net. Das Vorhaben wird von der Technischen Universität Braunschweig geleitet und mit weiteren Partnern, wie dem Julius Kühn-Institut, umgesetzt.
P-Net – Aufbau eines Netzwerks zum ressourceneffizienten
Phosphor-Recycling und -Management in der Region Harz und Heide
In den Kreislauf bringen: Rückgewinnung von Phosphor
Phosphor (P) ist einer der Hauptnährstoffe für Pflanzen. Durch den Phosphorentzug über die Ernte landwirtschaftlicher Kulturpflanzen muss die Pflanzenversorgung durch Düngemittel erfolgen. Dies können – sofern sie verfügbar sind – auch organische Dünger aus der Tierhaltung sein. Phosphathaltige Mineraldünger müssen importiert werden, denn Deutschland verfügt über keine eigenen Phosphorvorkommen. Die nutzbaren Phosphatreserven der Erde sind zudem endlich und konzentrieren sich auf wenige, teilweise politisch instabile Regionen. Um die Importabhängigkeit zu reduzieren, ist es ratsam Phosphor konsequent in den Kreislauf zurückzuführen. Jährlich fallen große Mengen phosphorhaltiger Abfälle aus Abwasser und Klärschlamm an. Im Jahr 2017 wurde die Klärschlammverordnung (AbfKlärV) novelliert und schreibt die verbindliche Phosphor-Rückgewinnung aus Klärschlamm mit einem Phosphorgehalt von 2 Prozent und mehr in der Trockenmasse ab 2029 für alle kommunalen Abwasserbehandlungsanlagen mit einer Ausbaugröße von mehr als 100.000 Einwohnerwerten vor. Ab 2032 wird diese Schwelle auf Anlagen über 50.000 Einwohnerwerten gesenkt. Zusätzlich entfällt jeweils die Möglichkeit einer bodenbezogenen Klärschlammverwertung. Das bedeutet, dass der Klärschlamm nicht mehr auf landwirtschaftlich genutzten Böden ausgebracht werden darf.
Die Fördermaßnahme „Regionales Phosphor-Recycling (RePhoR)“ vom Bundesministerium für Forschung, Technologie und Raumfahrt (BMFTR) zielt darauf ab durch innovative wirtschaftliche Lösungen das regionalen Phosphor-Recycling aus Abwasser, Klärschlamm und Klärschlammverbrennungsasche und somit die novellierte Klärschlammverordnung zu unterstützen. Dazu starteten 2020 bundesweit verschiedene Verbundprojekte mit der Umsetzung.
Struvit: Vom Betriebsproblem zum Pflanzendünger
Eines dieser Vorhaben ist P-Net. Das Konsortium hat sich im östlichen Niedersachsen zwischen Harz und Heide gebildet, um das Phosphor-Recycling durch die Struvit-Fällung großtechnisch zu optimieren. Struvit ist eine kristalline Verbindung aus Magnesium-Ammonium-Phosphat und führt in den Kläranlagen bei hohen Konzentrationen der drei Bestandteile zu Verkrustungen, u.a. in Rohrleitungen. So existierten bereits vor Projektbeginn in der Region einige Struvit-Fällungsanlagen, um diese Ausfällung zu kontrollieren. Struvit ist auch als Pflanzendünger beschrieben und seit 2023 sogar als Düngemittel für den ökologischen Landbau zugelassen.
Das übergeordnete Projektziel ist es, die Effizienz der Phosphor-Rückgewinnung über den Struvit-Ansatz zu steigern, damit der gesetzliche Grenzwert von unter zwei Prozent Phosphorgehalt in der Klärschlamm-Trockenmasse eingehalten wird. Das vom Projektkoordinator, dem Institut für Siedlungswasserwirtschaft (ISWW) an der Technischen Universität Braunschweig, entwickelte sogenannte Peco-Verfahren zur Rücklösung (Remobilisierung) des Phosphors aus dem Schlamm funktioniert sogar rein biologisch und braucht keine weiteren Betriebsmittel. Für die anschließende Fällung des Struvits aus dem Remobilisat müssen allerdings eine Magnesiumquelle zudosiert und der pH-Wert mittels einer geringen Laugen-Zugabe angehoben werden.
Um das gewonnene Struvit als Phosphatdünger in der Landwirtschaft einzusetzen, ist zu berücksichtigen, dass der gleiche Rezyklat-Typ eine erhebliche Variabilität aufweisen kann. Daher ist eine agronomische Bewertung des regional hergestellten Struvits unerlässlich.


Über das Projekt sprach Dr. Stefanie Schläger vom Ackerbauzentrum Niedersachsen mit Dr. Sylvia Kratz und Paul Keßeler vom Institut für Pflanzenbau und Bodenkunde am Julius Kühn-Institut (JKI):
Welche Erkenntnisse konnten Sie bislang zur Düngewirkung des Struvits gewinnen?
Anders als herkömmliche mineralische Phosphordünger, wie Superphosphat oder Diammonphosphat (DAP), ist Struvit nicht wasserlöslich. Wir wollten daher wissen, ob er sich trotzdem genauso gut als Dünger für phosphorbedürftige Kulturen eignet. Dem regionalen Ansatz des Projektes folgend haben wir die Düngewirkung von Struvit zunächst in einjährigen On-Farm-Versuchen, also auf landwirtschaftlichen Praxisflächen in der Region Harz und Heide, getestet. Hierbei ging es in erster Linie um die Praxistauglichkeit unter realen Bewirtschaftungsbedingungen. Wenn man sich die Ergebnisse anschaut, muss man wissen, dass die für uns bereitgestellten Versuchsflächen bereits ausreichend mit Phosphor versorgt waren (VDLUFA-Gehaltsklasse C und höher). Die P-Düngung zielte daher auf den Erhalt dieser guten Versorgung sowie auf die Deckung des Phosphorbedarfs der Kulturen in den frühen Entwicklungsstadien ab. Angebaut wurden die in der Region sehr verbreiteten Kulturen Mais und Kartoffeln. Verglichen wurde die jeweils betriebsübliche mineralische oder organisch-mineralische Düngung mit unserer Testvariante, in der die mineralische P-Zufuhr durch einen konfektionierten Struvitdünger ersetzt wurde. Die Ausbringung der in den Versuchen eingesetzten Struvitpellets erfolgte unterfuß und funktionierte mit der auf den Betrieben vorhandenen Technik relativ gut. Auf den insgesamt 11 untersuchten Flächen zeigten sich weder im Ertrag noch in der P-Aufnahme der Pflanzen signifikante Unterschiede zwischen der betriebsüblichen Variante und der Struvit-Variante. Somit konnten wir feststellen, dass die Düngung mit Struvit eine gute Alternative darstellt, um einen guten Versorgungszustand des Bodens mit Phosphor und ein stabiles Ertragsniveau zu erhalten. Zu einer vollständigen agronomischen Bewertung eines Produkts gehört jedoch vor allem auch eine Einschätzung der kurzfristigen P-Düngewirkung unter realen P-Mangelbedingungen. Eine Aussage darüber erlauben die Ergebnisse aus unseren On-Farm-Versuchen nicht!

Zusätzlich haben wir daher Struvit in mehrjährigen sogenannten Mesokosmen-Versuchen mit wasserlöslichem DAP sowie mit einem im Ökolandbau zulässigen weicherdigen Rohphosphat verglichen. Dazu haben wir im Freiland aufgestellte 1000 L Container mit einem P-armen Substratgemisch aus Quarzsand, Ton und Rindenhumus befüllt und eine mehrjährige Fruchtfolge aus Weidelgras, Mais, Grünroggen und Kartoffeln angebaut. Anders als in den On-Farm-Versuchen wurde hier Struvit nicht als Pellet, sondern als Granulat eingesetzt, da letzteres noch bessere Eigenschaften für die Unterfußdüngung aufweist. Die Kartoffelernte wurde gerade erst abgeschlossen, sodass hier bisher nur Daten über Frischmasseerträge vorliegen. Aus den bisherigen Daten lässt sich aber bereits ableiten, dass bei Mais und Kartoffeln, also den beiden Kulturen mit schlechtem P-Aneignungsvermögen, die Düngewirkung von Struvit mit der von DAP vergleichbar ist: Erträge und P-Aufnahmen (soweit bereits Daten vorliegen) zeigten keine signifikanten Unterschiede.


Wie sieht es mit der Schadstoffbelastung bei Struvit-Düngemitteln aus?
Trennt man das kristalline Struvit bei der Fällung sauber von den Rückständen aus dem Schlammwasser ab, dann bekommt man ein sehr schadstoffarmes Düngeprodukt. Unsere Analysen zeigen, dass Struvit nur sehr geringe Konzentrationen an Schwermetallen wie Cadmium, Nickel, Blei und Uran aufweist, die zumeist deutlich unter denen aus Rohphosphat hergestellter, handelsüblicher Mineraldünger liegen. Die vom deutschen und europäischen Düngemittelrecht vorgegebenen Schwermetallgrenzwerte werden sicher eingehalten. Auch die in Klärschlamm häufig anzutreffenden Rückstände von Pharmazeutika oder Pflanzenschutzmitteln sind in Struvit, wenn überhaupt, nur in geringsten Konzentrationen nachweisbar.
Wie erfolgreich ist der Markteintritt?
Ein professioneller Markteintritt eines Struvitdüngers ist letztendlich davon abhängig, dass Struvit in ausreichenden Mengen verfügbar ist: Einerseits muss ausreichend Material zur Nachfragendeckung vorhanden sein. Andererseits wird eine entsprechende Menge benötigt, um eine Produktionsanlage zu errichten. Hierzu bedarf es nach der Einschätzung unseres Projektpartners SF-Soepenberg GmbH einer Mindestmenge von mehreren Tausend Tonnen, die jährlich anfallen. Diese Struvitmengen sind im Moment nicht vorhanden. Struvitdünger wurden bereits in Pelletform und als Granulat hergestellt und kamen zu mehreren Testeinsätzen, u.a. in P-Net. Materialverfügbarkeit vorausgesetzt, können diese P-Dünger dann zu einer nachhaltigen P-Versorgung beitragen. SF-Soepenberg GmbH schätzt die derzeit verwertbare Struvitmenge pro Jahr auf unter 1000 Tonnen.