Am 23. Oktober 2025 wurde am Hauptsitz des Julius Kühn-Instituts (JKI) in Quedlinburg der 200. Geburtstag von Professor Julius Kühn im Rahmen eines Festkolloquiums würdevoll begangen. Gemeinsam mit der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg ehrte das JKI einen der bedeutendsten Pioniere der Agrarwissenschaften des 19. Jahrhunderts, dessen interdisziplinärer Forschungsansatz und praxisorientiertes Denken bis heute zentrale Prinzipien der Kulturpflanzenforschung bilden. In seiner Begrüßung unterstrich der Präsident des JKI, Professor Dr. Frank Ordon, wie sehr sich das JKI in seiner Arbeit dem Geist von Julius Kühn verbunden fühlt und mit der Verknüpfung von Grundlagenforschung, angewandter Forschung und wissenschaftlicher Beratung dem Prinzip folgt, das Julius Kühn bereits im 19. Jahrhundert formulierte: die Einheit von Forschung und Praxis.
Julius Kühn gilt als Begründer der modernen Agrarwissenschaften. Er betrachtete die Landwirtschaft als naturwissenschaftliche Disziplin, die biologische, chemische und ökonomische Aspekte integriert. Seine Forderung nach evidenzbasierter, praxisnaher Forschung hat angesichts aktueller Herausforderungen wie Klimawandel, Biodiversitätsverlust und Ernährungssicherung nichts an Bedeutung verloren.
Sein Werk „Die Krankheiten der Kulturgewächse, ihre Ursachen und ihre Verhütung“ aus dem Jahr 1858 gilt als erster systematischer Ansatz zur Beschreibung und Bekämpfung pflanzlicher Krankheiten. Mit seiner Berufung auf den neu geschaffenen Lehrstuhl für Landwirtschaft an der Universität Halle im Jahr 1862 begann die bedeutendste Phase in Julius Kühns Wirken. Er sah seine Aufgabe darin, der Landwirtschaft eine feste wissenschaftliche Grundlage zu geben und die universitäre Lehre mit praktischer Forschung zu verbinden. 1878 legte Kühn mit dem Roggen-Dauerversuch eines der ersten Langzeitexperimente der Agrarwissenschaft an.
Neben Grußworten aus dem Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Heimat sowie aus dem Deutschen Bundestag ehrten auch Dr. Renate Schafberg von der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg und der ehemalige Präsident der Deutschen Landwirtschafts-Gesellschaft (DLG) und Urururenkel Julius Kühns, Carl-Albrecht Bartmer, den großen Agrarwissenschaftler. Der Festakt wurde abgerundet durch aktuelle wissenschaftliche Vorträge, die sich alle durch einen engen Bezug auf die Agrarforschung von Julius Kühn auszeichneten.
Auch das Netzwerk Ackerbau Niedersachsen e. V. (NAN) war in Quedlinburg vertreten. „Dass das JKI Mitglied im NAN ist, ehrt uns sehr und gibt unserer Arbeit wesentliche Impulse“, so Geschäftsführer Hilmar Freiherr von Münchhausen. Gemeinsam arbeiten JKI und NAN mit dem Ackerbauzentrum Niedersachsen an einer engen Verzahnung von Wissenschaft und landwirtschaftlicher Praxis. Mit dieser Zusammenarbeit wollen beide Institutionen die Entwicklung innovativer und praxisgerechter Lösungen für den Ackerbau in Niedersachsen und darüber hinaus unterstützen.
Ein besonderer Höhepunkt der Festveranstaltung war die Eröffnung der neuen Dauerausstellung „Julius Kühn und das JKI“, die Einblicke in das Leben und Wirken Julius Kühns, die Entwicklung des Instituts sowie den nachhaltigen Nutzen seines wissenschaftlichen Erbes bietet. Unter dem Leitmotiv „Das höchste wissenschaftliche Ziel ist das praktische Ziel … Unsere Aufgabe ist der Nutzen“ zeigt die Ausstellung anschaulich, wie relevant die Grundsätze von Julius Kühn bis heute sind.
Die Festveranstaltung bot den Gästen eine Plattform für intensiven fachlichen Dialog und zeigte eindrucksvoll, wie die agrarwissenschaftliche Arbeit in Niedersachsen durch die Kooperation von Forschung, Praxis und Verbänden gestärkt wird. Das NAN freut sich auf die weitere Zusammenarbeit mit dem Julius Kühn-Institut zum Wohle einer nachhaltigen und zukunftsfähigen Landwirtschaft.