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Ackerbau-Projekt des Monats: TRANSFORM

Rund um den Ackerbau gibt es viele innovative Ideen. In Niedersachsen finden hierzu zahlreiche spannende Forschungsaktivitäten statt. Wir wollen sie sichtbarer machen und dabei helfen, Erkenntnisse zu verbreiten. Deshalb stellen wir jeden Monat ein Projekt vor. Im Juni geht es um das EU-Projekt TRANSFORM. Die Projektpartner aus Deutschland setzen sich zusammen aus der Landwirtschaftskammer Niedersachsen, der Georg-August Universität Göttingen und dem Verbund Transformationsforschung agrar Niedersachsen (trafo:agrar) an der Universität Vechta.

Neue Fruchtfolgen mit digitaler Unterstützung klimaresilient gestalten

Die klimatischen Veränderungen wirken sich auch auf die Leistung und Rentabilität von Nutzpflanzen aus. In dem fünfjährigen EU-Projekt TRANSFORM soll die Gestaltung der Fruchtfolgen als Maßnahme zur Anpassung an die Folgen des Klimawandels untersucht werden. Dabei werden sowohl alte Kulturen als auch mögliche neue Nutzpflanzen einbezogen. Mithilfe von innovativen Werkzeugen werden neue Fruchtfolgen simuliert und visualisiert. So wird die Online-Software Future Rotations Explorer weiterentwickelt, die in einem früheren EU-Projekt entwickelt wurde, um Änderungen in der Ertragsbildung unter klimatischen Änderungen vorherzusagen. Neben den ökonomischen Indikatoren werden in den Simulationsmodellen auch zu erwartende soziale und ökologische Auswirkungen der neuen Fruchtfolgen erforscht und bewertet.

Neue Fruchtfolgen gemeinsam regional erarbeiten und länderübergreifend testen

Da die Auswirkungen des Klimawandels lokal sehr unterschiedlich sein können, werden regionale Fahrpläne gemeinsam mit den Landwirten, der Industrie, politischen Entscheidungsträgern, NGOs und der allgemeinen Öffentlichkeit in einem Multi-Akteurs-Ansatz und in Co-creation entwickelt.

Das Projektvorhaben fokussiert sich räumlich auf die sogenannte Atlantische Region Europas. Diese biogeographische Region im EU-Zonenmodell umfasst das küstennahe Nordwesteuropa. Bei der Durchführung des Verbundprojektes werden zunächst in fünf Demonstrationsregionen – in England, Dänemark, Niederlande, Südfrankreich und Spanien- zusammen mit der landwirtschaftlichen Praxis Konzepte für zukünftige Fruchtfolgen erstellt. In drei sogenannten Wiederholungsregionen – Irland, Nordfrankreich (Normandie und Bretagne) und Deutschland (Niedersachsen) – werden anschließend die geeignetsten Szenarien auf ihre Übertragbarkeit geprüft. In allen Untersuchungsregionen werden Daten zur aktuellen Situation bezüglich Fruchtfolge, Klimawandel und Anpassungsmöglichkeiten gesammelt. Die entwickelten Simulationsmodelle sollen auf weitere Regionen in Europa übertragbar sein.

Über das Projekt sprach Dr. Stefanie Schläger vom Ackerbauzentrum Niedersachsen mit Kai-Hendrik Howind, Sachgebietsleiter Anbausysteme, Fruchtfolgen, Digitales der Landwirtschaftskammer Niedersachsen:

Wie schätzen Sie die Notwendigkeit der Neugestaltung von Fruchtfolgen ein, um die Landwirtschaft in Niedersachsen an die klimatischen Veränderungen anzupassen?

Die Fruchtfolge ist aktuell Kern vieler Diskussionen mit teils ganz unterschiedlichen Hintergründen. Seien es Fragen zur Reduktion des Einsatzes von Pflanzenschutzmitteln, der Umgang mit Düngerestriktionen, sich ausbreitende Herbizid-Resistenzen, Fragen der Biodiversität oder auch der allgemeinen Wettbewerbsfähigkeit landwirtschaftlicher Betriebe. Die Folgen des Klimawandels und mögliche Anpassungsreaktionen sind dabei eine weitere Dimension, die gerade in Jahren mit Wetterextremen, wie der seit Februar herrschenden Trockenheit in weiten Teilen Niedersachsens, an Bedeutung gewinnt. Und auch wenn von einjährigen Ereignissen nicht auf zukünftige Klimaverhältnisse geschlossen werden kann, so wird doch deutlich, dass es Verschiebungen bei Vegetationszeiträumen und Anbauwürdigkeit unterschiedlicher Kulturarten geben wird. Das heißt nicht, dass wir sofort alle bisherigen Anbaugewohnheiten verwerfen müssen, sondern dass gezielt betrachtet werden muss, welche Kulturen, in welchen Regionen unter welchen Anbaubedingungen zukünftig mehr oder weniger stark negativ oder vielleicht sogar positiv beeinflusst werden. Dass wir in 30 oder 50 Jahren aber noch die gleichen Anbausysteme und Fruchtfolgen wie heute praktizieren werden, das halte ich für ausgeschlossen.

Wo liegen dabei Ihrer Meinung nach die größten Herausforderungen für die landwirtschaftliche Praxis?

Wie zuvor erwähnt, wird die Fruchtfolge vor ganz verschiedenen Hintergründen und Zielrichtungen diskutiert. Diese Ziele, die sich teils auch durch Zielkonflikte auszeichnen, miteinander zu vereinen und betriebsindividuell nachhaltige Anbausysteme zu erarbeiten ist keine triviale Aufgabe. Weiterhin sind gerade mit Blick auf Klimaprognosen die Vorhersagen zu den zu erwartenden Veränderungen noch mit großen Unsicherheiten verknüpft, sodass noch unklar ist, auf was wir genau reagieren müssen bzw. das Wissen um die Reaktion verschiedener Kulturpflanzen noch begrenzt ist. Für die landwirtschaftlichen Betriebe ist zudem die Herausforderung, dass wir auch mit angepasstem Anbau oder eventuell neuen Kulturen noch Geld verdienen müssen. Gerade bei neuen Kulturen fehlen aber oftmals noch die Absatzwege oder auch die Nachfrage. Änderungen sind also immer mit Risiken verbunden und müssen sorgfältig abgewogen werden, sodass sie für den Betrieb ökonomisch, ökologisch und sozial tragbar sind.

Die klimatischen Auswirkungen können sehr lokal sein. Inwiefern eignet sich die länderübergreifende Zusammenarbeit, um regionale Herausforderungen zu lösen?

Wie erwähnt, ist das Wissen um die Reaktion verschiedener Kulturpflanzen in unterschiedlichen Anbausystemen noch begrenzt. Durch den länderübergreifenden Ansatz und Austausch kann aber bereits vorhandenes Wissen gebündelt und vervielfacht werden, sodass nicht jeder die gleichen Fragen beantworten muss. Manchmal gibt es auch ganz unterschiedliche Denkansätze und Lösungsideen, die man so nie betrachtet hätte. Der Austausch hierzu und der Blick über den Tellerrand bringt also alle nach vorne. Weiterhin haben andere Länder vielleicht heute schon klimatische Bedingungen und Herausforderungen, mit denen wir es zukünftig zu tun bekommen könnten, sodass wir bereits jetzt sehen können, wie Lösungen für die Zukunft aussehen könnten. 

Projektkonsortium von TRANSFORM trifft sich im März 2025 in Wageningen. © V. Hackmann/trafo:agrar
Förderprogramm: Horizont Europa (Mission Anpassung an den Klimawandel)
Fördersumme: € 8.561.533,75
Projektlaufzeit: 01.06.2024 - 31.05.2029