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Höfe im Portrait – Nachhaltiger Familienbetrieb mit innovativen Landwirtschaftskonzepten

Seit der Hofübergabe im Jahr 2017 führt Gesa Langenberg gemeinsam mit ihrem Mann und einem vierköpfigen Team den Familienbetrieb in Bockstedt (Landkreis Diepholz). Der Hof ist auf den Anbau von Weizen, Kartoffeln, Roggen, Hafer, Raps, Gerste und Zuckerrüben sowie auf die Schweinemast spezialisiert.

Ein zentrales Merkmal des Betriebs sind nachhaltige Bewirtschaftungsstrategien. Dazu gehören eine vielfältige Fruchtfolge, die Prinzipien der regenerativen Landwirtschaft, der Einsatz innovativer Agroforstsysteme, eine ressourcenschonende Tierhaltung sowie geschlossene Nährstoffkreisläufe.

Besonderes Augenmerk legt Gesa Langenberg auf den Erhalt und die Förderung der Bodenfruchtbarkeit. Durch die Integration von Maßnahmen der regenerativen Landwirtschaft wird der Boden geschont, Humus aufgebaut und das Risiko von Erosion und Nährstoffverlusten verringert. Ergänzend dazu setzte der Betrieb 2018 in Kooperation mit der Universität Göttingen ein Agroforstsystem um, das Ackerbau und Baumkultur miteinander verbindet: Auf ausgewählten Flächen wurden Pappelreihen im Abstand von 30 Metern gepflanzt, zwischen denen weiterhin Ackerbau betrieben werden kann. Blühstreifen an den Baumreihen verbessern zusätzlich das Mikroklima, fördern die Artenvielfalt und leisten so einen wichtigen Beitrag zu einer nachhaltigen Anbauweise.

Darüber hinaus setzt Gesa Langenberg auf Direktvermarktung und betreibt unter der Marke „hi gesa“ einen Onlineshop, über den sie unter anderem ihr aus knusprigen Haferflocken, Nüssen, Samen und Rosinen selbst hergestelltes Granola anbietet. Durch den direkten Kontakt zu den Verbraucherinnen und Verbrauchern möchte sie so zusätzliche Wertschöpfung erzielen und zugleich nachhaltige Produkte verfügbar machen. Das Granola ist regional erzeugt und veredelt, zeichnet sich durch kurze Transportwege aus und trägt somit zur Verringerung des CO₂‑Fußabdrucks bei.

In der Schweinehaltung legt Gesa großen Wert auf das Wohl der Tiere. In ihrem Tierwohlstall, den sie kürzlich auf Haltungsstufe 4 umgestellt hat, haben die Schweine viel Platz, Zugang zur frischen Luft, Liege- und Beschäftigungsmaterial sowie jederzeit Zugang zu Futter und Wasser. Der Kot und der Harn der Tiere werden getrennt gesammelt, was zu einem deutlich besseren Stallklima beiträgt. Der Kot wird als organischer Dünger auf den Feldern ausgebracht.

Der separat gesammelte Harn soll zukünftig als Nitrat-Stickstoff-Dünger aufbereitet werden, um die Nährstoffnutzung zu erhöhen. Dadurch können Nährstoffverluste reduziert und Emissionen verringert werden, was eine zukunftsfähige Kreislaufwirtschaft im Betrieb unterstützt.

Interview mit Gesa Langenberg

Welche Strategien nutzen Sie um den Ackerbau und die Tierhaltung effizient und ressourcenschonend zu gestalten?
Wir fördern die Bodenfruchtbarkeit durch vielfältige Fruchtfolgen und reduzieren so den Düngemittelbedarf. Mit unserem Agroforst-System, bei dem Baumreihen und Blühstreifen integriert sind, steigern wir die Biodiversität und setzen auf nachhaltige Anbaumethoden. In der Schweinehaltung investieren wir bewusst in Tierwohl, um unseren Tieren optimale Lebensbedingungen zu bieten. Die Direktvermarktung ermöglicht uns den direkten Austausch mit unseren Kunden, ehrliches Feedback und transparente Kommunikation. Dabei ist es unser Ziel, natürliche Ressourcen effizient zu nutzen und die Umweltbelastungen so gering wie möglich zu halten.

Was hat Sie dazu bewegt, neue Wege in der Landwirtschaft zu gehen und welche Erfahrungen haben Sie dabei gemacht?
Wir streben danach, unseren Betrieb so zu gestalten, dass er auch für zukünftige Generationen wertvoll bleibt. Wie schon die Generationen vor uns, stehen auch wir im Zeichen des ständigen Wandels. Aktuelle Herausforderungen wie die Anpassung an den Klimawandel, die Reduzierung von Emissionen und die Verbesserung des Tierwohls in unseren Ställen betreffen uns sowohl gedanklich als auch praktisch.

Regionalität spielt dabei eine zentrale Rolle. Wir wollen uns stärker in der Region verwurzeln, indem wir kurze Lieferketten nutzen. So beziehen wir beispielsweise Ferkel aus der Umgebung und lassen die Schweine ebenfalls regional schlachten. Unsere Kartoffeln werden regional verarbeitet, um Transportwege kurz zu halten und die Umwelt zu schonen. Mit dem Nischenprodukt Granola aus Schälhafer und dem Aufbau einer Marke sammeln wir wertvolle Erfahrungen für die geplante Direktvermarktung im Schweinebereich. Dabei wollen wir sicherstellen, dass unsere Produkte lokal an Bedeutung gewinnen und nicht nur anonym auf dem Weltmarkt gehandelt werden.

Welche Rolle spielt die Zusammenarbeit mit wissenschaftlichen Einrichtungen oder anderen landwirtschaftlichen Betrieben in Ihrer Arbeit? 
Wir sehen in der Zusammenarbeit mit wissenschaftlichen Einrichtungen große Chancen, um die Landwirtschaft zukünftig noch ressourcenschonender zu gestalten. So haben wir 2018 in Zusammenarbeit mit der Universität Göttingen ein innovatives Agroforst-System implementiert. Ich unterstütze gerne Projekte und stehe jederzeit z. B. als Interviewpartnerin für Studierende zur Verfügung.

Auch im Austausch und in der Vernetzung mit anderen landwirtschaftlichen Betrieben sehen wir große Chancen, um innovative Praktiken zu entwickeln, voneinander zu lernen und gemeinsam nachhaltige Lösungen zu finden, die sowohl der Umwelt als auch der Produktqualität zugutekommen. Das fängt in der Nachbarschaft an und geht weiter bis zu unserer Mitgliedschaft im Netzwerk Ackerbau Niedersachsen (NAN) e.V.. Auch ein Blick auf Betriebe außerhalb Deutschlands kann wertvolle Erkenntnisse bringen. Die Entwicklungen in der Schweiz zeigen beispielsweise, dass dort zunehmend auf regenerative Landwirtschaft gesetzt wird. Darüber hinaus können wir von internationalen Beispielen lernen, wie etwa aus den USA oder Australien, wo regenerative Praktiken wie Agroforstwirtschaft und Permakultur an Bedeutung gewinnen.

Durch den Austausch von Wissen und Erfahrungen mit verschiedenen Akteuren können wir ein umfassenderes Bild innovativer Ansätze im Ackerbau zeichnen und gemeinsam zur nachhaltigen Landwirtschaft beitragen.

Welche digitalen Technologien nutzen Sie bereits und wo sehen Sie noch Potenzial?
Wir nutzen bereits digitale Techniken im Ackerbau wie GPS-gesteuerte Maschinen, Ertragskartierung und digitale Schlagkarteien. Im Büro arbeiten wir fast papierlos.

In der Tierhaltung sehen wir Potenzial beim Einsatz von KI zur Analyse von Bewegungsmustern – etwa als Hilfestellung fürs Herdenmanagement. Auch im Betriebsmanagement können digitale Hilfen Entscheidungen besser unterstützen und Prozesse vereinfachen.

Wie sieht Ihr idealer landwirtschaftlicher Betrieb in zehn Jahren aus? 
In zehn Jahren sehe ich unseren Betrieb modern, transparent und wirtschaftlich tragfähig. Ein optimiertes Schweinestallsystem verbindet Tierwohl mit Effizienz und schafft Vertrauen in die Produktion. Digitalisierung und gutes Herdenmanagement entlasten den Alltag und unterstützen fundierte Entscheidungen. Der Ackerbau ist nachhaltig und in eine funktionierende Kreislaufwirtschaft eingebunden – mit Nährstoffrückführung, Fruchtfolge und effizienter Ressourcennutzung.

Durch den Ausbau der Direktvermarktung möchten wir eine noch engere Verbindung zu unseren Kunden aufbauen und ihnen noch mehr hochwertige, nachhaltige Produkte direkt anbieten können. Wichtig ist mir, unternehmerisch mutig zu bleiben und den Betrieb aktiv weiterzuentwickeln – im Einklang mit den Erwartungen von Gesellschaft und Umwelt.

Welche konkreten Maßnahmen würden Sie sich von der Politik und Gesellschaft wünschen, um die Landwirtschaft zukunftsfähig zu machen?
Ich sehe meine Aufgabe darin, unternehmerisch und mutig zu handeln und dadurch aktiv Angebote zu schaffen, aus denen sich neue Möglichkeiten ergeben. Ein Beispiel dafür ist unser Stallumbau, den wir bewusst als Angebot an Gesellschaft und Handel verstehen. Entscheidend ist für uns, nicht den „Schwarzen Peter“ bei anderen zu suchen, sondern selbst Verantwortung zu übernehmen und voranzugehen. Rahmenbedingungen wie Planungssicherheit, weniger Bürokratie oder Förderprogramme können diesen Prozess zusätzlich erleichtern – im Kern geht es jedoch darum, eigenständig zu gestalten und Chancen konsequent zu nutzen.

Liebe Gesa Langenberg, vielen Dank, dass Sie sich die Zeit genommen haben mit uns zu sprechen. Wir freuen uns Sie als Mitglied im NAN e.V. zu wissen! 

Weitere Informationen zum Betrieb und zum Onlineshop: www.hi-gesa.de