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Höfe im Portrait – Tradition trifft Innovation

 In unserer Reihe „Höfe im Portrait“ stellen wir Ihnen interessante landwirtschaftliche Ackerbaubetriebe aus Niedersachsen vor. Entdecken Sie, mit wie viel Engagement, Fachwissen und Innovationsgeist hiesige Betriebe ihre Arbeit gestalten – von Nachhaltigkeit, technischen Neuerungen bis hin zu betrieblichen Philosophien und individuellen Lösungswegen für die Herausforderungen des modernen Ackerbaus. Jede Hofvorstellung zeigt die Vielfalt und Leidenschaft der Menschen hinter den Betrieben und macht landwirtschaftliche Praxis greifbar.

Wir beginnen unsere Serie mit Hof Behn aus Rümmer im Landkreis Helmstedt.

Der Hof Behn ist ein familiengeführter Landwirtschaftsbetrieb mit langer Tradition, der zugleich mutig neue Wege geht und auf nachhaltige Wirtschaftsweisen setzt. Hof Behn ist Mitglied im Netzwerk Ackerbau Niedersachsen (NAN) e.V. Die gesamte Familie arbeitet aktiv im Betrieb mit und trägt so gemeinsam zum Erfolg und zur Weiterentwicklung bei. Die Familie Behn legt großen Wert darauf, ihre Böden schonend zu bewirtschaften und regionale Produkte von hoher Qualität zu erzeugen.

Vielfältiger Ackerbau mit Fokus auf Nachhaltigkeit
Die Grundlage des Betriebs bildet der Ackerbau. Familie Behn bewirtschaftet rund 750 Hektar auf eigenen und gepachteten Flächen, die sich über mehrere Standorte in Niedersachsen und dem angrenzenden Sachsen-Anhalt erstrecken. Auf diesen Flächen wird eine vielfältige Fruchtfolge mit sechs bis acht Gliedern umgesetzt; insgesamt werden bis zu 25 verschiedene Kulturen angebaut.

Zu den Hauptkulturen zählen Zuckerrüben, Winterweizen, Winterroggen, Wintergerste, Dinkel, Mais, Durchwachsene Silphie und Topinambur. Darüber hinaus kultiviert die Familie Behn ein breites Spektrum weiterer Pflanzenarten wie Raps, Sonnenblumen, verschiedene Linsen- und Erbsensorten sowie Schwarzkümmel, Hanf und Körnermohn. Diese Kombination fördert eine hohe Diversität im Landschaftsbild mit gestaffelten Ernte- und Blühzeitpunkten.

Obwohl der Betrieb konventionell wirtschaftet, kommen auch Methoden des ökologischen Landbaus wie zum Beispiel das Striegeln zum Einsatz. Dadurch wird die Artenvielfalt – insbesondere auf den Grünlandflächen im Naturpark Drömling – gefördert.

Eigene Verarbeitung und regionale Vermarktung
Ein wesentlicher Teil der Wertschöpfung auf dem Hof Behn entsteht durch die eigene Verarbeitung der landwirtschaftlichen Erzeugnisse. Produkte wie Honig, Mehl, Öle und Senf werden mit einem hohen Anspruch an Qualität direkt vor Ort hergestellt. Der Vertrieb erfolgt über mehrere Kanäle: den eigenen Hofladen, Einzelhändler, die Gastronomie sowie den betriebseigenen Onlineshop.

Um die Produkte dauerhaft im wöchentlichen Warenkorb der Verbraucher zu verankern, legt der Hof Behn besonderen Wert auf eine starke Präsenz im Lebensmitteleinzelhandel. Gleichzeitig achtet der Betrieb bewusst auf eine ausgewogene Vermarktungsstrategie: Kein einzelner Vertriebsweg soll mehr als 45 Prozent des Gesamtabsatzes ausmachen. So wird das wirtschaftliche Risiko gestreut und die Abhängigkeit von einzelnen Absatzmärkten reduziert. Dieses durchdachte Konzept schafft eine direkte Verbindung zwischen Landwirtschaft und Verbraucher – transparent und nachhaltig.

Imkerei als Herzensangelegenheit
Ein besonderer Betriebszweig ist die Imkerei. Die Bienen tragen nicht nur zur Bestäubung der vielfältigen Kulturen bei, sondern ermöglichen auch die Produktion verschiedener sortenreiner Honige. Die Kombination aus Ackerbau und Imkerei stärkt die ökologische Vielfalt und bereichert das Produktangebot des Hofes.

Dienstleistungsangebot und Spezialisierung
Familie Behn zeigt eindrucksvoll, wie sich Landwirtschaft, Verarbeitung und Vermarktung erfolgreich verbinden lassen. Neben der eigenen Produktion bietet der Hof auch landwirtschaftliche Dienstleistungen als Lohnunternehmen an. Mit moderner Technik und erfahrenen Fachkräften werden vor allem Arbeiten rund um die Zuckerrübe durchgeführt, aber auch für andere Kulturen stehen Maschinenkapazitäten zur Verfügung. So werden die Öle nicht nur für den eigenen Bedarf hergestellt, sondern auch im Rahmen von Lohnaufträgen für Dritte produziert.

Fazit
Der Hof Behn steht für nachhaltige Landwirtschaft, innovative Produktvielfalt und regionale Wertschöpfung. Mit Engagement und Weitblick vereint der Betrieb traditionelle Werte mit modernen Ansätzen und bietet hochwertige Erzeugnisse und Dienstleistungen aus einer Hand – getragen von der tatkräftigen Mitarbeit der gesamten Familie.

Über die Bedeutung und die Herausforderungen eines Familienbetriebes sprachen Sandra von Davier und Marion Budde-von Beust vom Ackerbauzentrum Niedersachsen/Netzwerk Ackerbau Niedersachsen (NAN) e.V. mit Anja und Wilhelm Jochen Behn:

Ihr führt als Familie den Hof in Rümmer. Was bedeutet Euch die gemeinsame Arbeit und wie teilt Ihr die Aufgaben auf?
Jeder von uns ist für einen bestimmten Bereich verantwortlich, aber wir können uns jederzeit gegenseitig ergänzen oder vertreten. Wichtig ist, dass jeder weiß, was der andere macht. Ich sage immer: Wenn die Familie funktioniert und alle an einem Strang ziehen, ist das besser als jedes noch so gute Team. Und genau das leben wir. Natürlich muss auch mal jemand zurückstecken – da wir aber ein gemeinsames Ziel haben, funktioniert unser Familienbetrieb.

Hof Behn ist bekannt für seine Vielfalt an Kulturen und Produkten. Welche Philosophie steckt hinter Eurer Fruchtfolge und der Auswahl der angebauten Pflanzen?
Durch den Wechsel zwischen Sommer- und Winterkulturen sowie Getreide, Ölsaaten und Blattfrüchten bringen wir Vielfalt in unsere Fruchtfolge. Ein fester Bestandteil ist der kontinuierliche Zwischenfruchtanbau – mindestens ein Viertel der Fläche wird jedes Jahr mit Zwischenfrucht bestellt. So schonen wir den Wasserhaushalt, reduzieren den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln und fördern die Resilienz der Böden. Unsere 6-8-gliedrige Fruchtfolge sorgt dafür, dass sich der Boden regenerieren kann. Rübe und Raps kommen erst nach längeren Anbaupausen wieder auf die Fläche.

Ihr kombiniert auf Eurem Betrieb konventionelle und biologische Verfahren. Warum habt Ihr euch gegen eine vollständige Umstellung auf Bio entschieden? Und wie erklärt Ihr euren Ansatz den Kunden?
Wir haben uns bewusst gegen eine vollständige Umstellung auf Bio entschieden. Wir wirtschaften zu Teilen in einem Wasser- und Naturschutzgebiet und unterliegen dadurch bereits vielen Einschränkungen Unabhängig davon dürfen wir nicht bewässern. Wenn dann zusätzlich im Biolandbau bestimmte Pflanzenschutzmittel oder Maßnahmen generell ausgeschlossen sind, fehlen uns schlichtweg die Werkzeuge, um flexibel auf Wetter und Pflanzengesundheit reagieren zu können. Ich möchte im Bedarfsfall zwischen mechanischen und chemischen Pflanzenschutzmaßnahmen abwägen können. Ich möchte keine Optionen von vornherein ausschließen. Gleichzeitig setzen wir auf ökologische Verfahren: Einige Kulturen bauen wir komplett ohne chemischen Pflanzenschutz an und wir arbeiten mit mechanischen Verfahren, wie dem Striegel. So kombinieren wir die positiven Effekte aus beiden Welten, der biologischen und konventionellen Landwirtschaft.

Transparenz ist Euch wichtig und Ihr zeigt den Kunden alles. Was erlebt Ihr dabei im direkten Austausch zum Beispiel im Hofladen oder auf Veranstaltungen?
Es überrascht mich immer wieder, wie groß das Interesse an der Landwirtschaft ist, aber auch wieviel Unwissenheit herrscht. Wenn wir uns den Fragen stellen und den fachlichen Hintergrund erläutern, stoßen wir fast immer auf Verständnis und Wertschätzung für unsere Arbeit und erhöhen die Akzeptanz für die Landwirtschaft.

Ihr seid auch in den sozialen Medien sehr aktiv und erreicht viele Menschen mit Euren Videos. Welche Chancen und Herausforderungen seht Ihr hier für Euren Betrieb?
Im Markt steht das das hochwertige Produkt, aber es hat einen gewissen Preis. Und es steht unser Name drauf. Dementsprechend müssen wir natürlich auch kommunizieren, wer wir sind, was wir machen und warum wir wie die Landwirtschaft betreiben. Wir arbeiten mit einer Agentur zusammen und kommunizieren hauptsächlich über Instagram. Das ist nach unserer Erfahrung die Plattform, die am meisten genutzt wird. Die Leute haben heutzutage sechs oder sogar acht Stunden Bildschirmzeit am Tag. So erreicht man dann entsprechend den Verbraucher besser als irgendwo anders.  

Neben dem Ackerbau ist die Imkerei ein wichtiger Betriebszweig. Welche Rolle spielen die Bienen für Euren Betrieb und welche Bedeutung hat der Honig für Euer Sortiment?
Ja, Honig ist natürlich ein sehr spannendes Naturprodukt, das vom Verbraucher sehr gerne gekauft wird. Für uns hat die Imkerei den Effekt, dass wir eine super Bestäuberleistung haben. Gerade bei den Sommerölkulturen, Mohn, Senf, Leindotter, Hanf – man sieht, wie intensiv die Bienen die Pollen sammeln und das ist einfach auch wieder die von uns angestrebte Kombination aus zwei Bereichen, die sich da gegenseitig befruchten.  Und der Honig wird super angenommen, gerade regionaler Honig und auch regionale Pollen sind sehr gefragt.

Ihr bietet Dienstleistungen als Lohnunternehmen an, insbesondere im Bereich Zuckerrübe. Wie kam es zu dieser Spezialisierung und wie entwickelt Ihr diesen Bereich weiter?
Bereits mein Großvater hat in den achtziger Jahren und später mit der Grenzöffnung sehr viel Dienstleistungen, zunächst im Zuckerrübenanbau, angeboten. Ursprünglich ging es darum, die Arbeit im eigenen Betrieb effizient zu erledigen – und die großen Maschinen auch überbetrieblich auszulasten. Über die Jahre hat sich als Schwerpunkt die Zuckerrübe herauskristallisiert. Wir bieten alles aus einer Hand an, sowohl die Aussaat als auch die Pflege und die Ernte. Das passt gut in den Betriebsablauf, denn die Zuckerrübe steht am Ende der Saison, wenn vieles andere schon abgeschlossen ist.  Inzwischen bieten wir auch die Pflegearbeiten wie das Hacken an. Ich gehe davon aus, dass das Know-how in diesem Bereich ein Thema ist, was in den nächsten Jahren noch interessanter und relevanter wird.

Du hast Erfahrung aus dem Ausland mitgebracht, etwa durch Dein Praktikum in Portugal. Wie haben diese Eindrücke Deine Arbeit auf dem Hof beeinflusst?
Ich glaube, ich habe nicht so sehr direkte landwirtschaftliche oder ackerbauliche Erfahrungen gesammelt, sondern vielmehr soziale und gesellschaftliche Eindrücke, besonders im Hinblick auf Lebenshaltungen. Die Frage, wie ich grundsätzlich mit Dingen umgehe, hat mich in vielen Bereichen beeinflusst. Dabei habe ich auch erlebt, wie die Menschen vor Ort mit der Landwirtschaft umgehen und wie emotional stark sie mit ihrem Beruf verbunden sind – deutlich mehr als in unserer Region.

Digitalisierung spielt in der modernen Landwirtschaft eine immer größere Rolle. Welche digitalen Technologien oder Prozesse setzt Ihr auf dem Hof Behn bereits ein?
Wir arbeiten tatsächlich schon seit 20 Jahren mit GPS-Lenkung und haben relativ schnell auch auf RTK-Lenkung umgestellt. Das ist bei uns im Ackerbau inzwischen eine feste Grundlage. Auch Maßnahmen wie Pflanzenschutz mit Section Control setzen wir seit einigen Jahren um, inzwischen auch mithilfe von Applikationskarten – bei der Einzelkornaussaat ebenso wie bei der Grunddüngung. Jetzt möchten wir den nächsten Schritt gehen und in diesem oder im nächsten Jahr unsere gesamte Dokumentation, Abrechnung und die Aufzeichnung der Bewirtschaftungsdaten vollständig digitalisieren und möglichst automatisieren. Dafür testen wir aktuell verschiedene Systeme, um die beste Lösung zu finden.

Gab es Investitionen in digitale Infrastrukturen oder Maschinen, die Euren Arbeitsalltag besonders verändert haben?
Nicht unbedingt. Ich erhoffe mir, dass, wenn ich ein System habe, was die Maschinen automatisch ihre Tätigkeiten aufzeichnen lässt, ich nochmal eine ganz andere Datengrundlage für meine betriebswirtschaftliche Auswertung bekomme. Aber so weit sind wir tatsächlich noch nicht.

Ihr baut auch Hanf an. Was hat Euch dazu bewogen, diese Kultur in Eure Fruchtfolge aufzunehmen?
Hanf ist bei uns ein Teil der Sommerölkulturen. Zunächst waren wir am aromatischen Hanföl interessiert, da es dafür eine Nachfrage gibt. Wir haben dann festgestellt, dass der Hanfanbau ackerbaulich keine große Herausforderung ist, er allerdings sehr wertvoll für die Bodenstruktur und für die Fruchtfolge ist.  Deswegen wurde er mit etabliert.

Welche besonderen Herausforderungen und Chancen seht Ihr beim Hanfanbau sowohl in der Produktion als auch in der Vermarktung?
Wir bauen reinen Körnerhanf ausschließlich zur Körnernutzung an. Der Anbau muss im Agrarantrag angegeben werden. Zusätzlich ist  eine Blühmeldung erforderlich, um die Erntefreigabe zu erhalten – damit der THC-Schwellenwert nicht überschritten wird. Ackerbaulich ist der Anbau keine große Herausforderung.  Er bietet aber enorme Chancen für die Bodenstruktur. Durch sein tiefes Wurzelwerk lockert Hanf den Boden und verbessert damit die Bodengare und langfristig auch die Bodenstruktur. Die größere Herausforderung liegt in der Vermarktung. Wir setzen den Hanf aktuell ausschließlich über das Öl ab, was den Aufbau eines entsprechend stabilen und großen Netzwerks erfordert, um die erzeugten Mengen zu vermarkten.

Was wünscht Ihr Euch für Euren Betrieb, für Eure Familie und die Landwirtschaft in der Region für die nächsten Jahre?
Wir hoffen, dass wir nicht mehr so vielen Wetterkapriolen ausgesetzt sind, wie mit dem Hagel in diesem Jahr 😊 und, dass die Natur uns wohlgesonnen ist. Ansonsten wünschen wir uns, dass sich das etabliert, was wir in den letzten Jahren ausprobiert haben.  Vielleicht werden andere Betriebe aus der Region auch auf andere Kulturen aufmerksam. Wir werden versuchen, die Infrastruktur, die wir geschaffen haben, auszubauen und zu etablieren und hoffen, dass in den kommenden Jahren noch die ein oder andere blühende Fläche dazukommt.   

 Da passt die nächste Frage ganz gut. Du hast es schon angesprochen, die Landwirtschaft steht vor großen Herausforderungen. Stichwort Klimawandel und gesellschaftliche Akzeptanz. Wie macht Ihr Euren Betrieb fit für die Zukunft?
Wir haben in den vergangenen Jahren schon sehr viele Dinge ackerbaulich ausprobiert und umgesetzt. Das hat es uns ermöglicht, wertvolle Erkenntnisse zu sammeln, die wir nun gezielt weiterverfolgen. Damit haben wir für uns eine gute Grundlage geschaffen, um dem Klimawandel aktiv zu begegnen. Wichtig ist, dass wir unsere Ansätze und Erfahrungen weiter offen kommunizieren und nicht müde werden, das zu tun. Ich ermutige jeden, der Lust darauf hat: Zeigt was ihr macht! Öffnet die Hoftore, geht in den Dialog. Niemand beißt – solange man selbst offen und sachlich bleibt. Nehmt die Diskussion an, sie kann uns allen nur helfen, unseren Beruf und unsere Arbeit sichtbar zu machen und Verständnis zu schaffen.