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Stickstoffdüngung in der Präzisionslandwirtschaft – Ergebnisse von Precise Nitrogen

Gesetzliche Einschränkungen bei der Düngung, ungewisse Preisentwicklungen auf den Märkten für Düngemittel sowie Umweltauflagen machen deutlich: Stickstoff muss so effizient wie möglich auf dem Acker eingesetzt werden. Deshalb gewinnt eine teilflächenspezifische Stickstoffdüngung immer mehr an Bedeutung. Denn nur so können unterschiedliche Bodenverhältnisse und Entwicklungen des Kulturpflanzenbestands auf einer Ackerfläche ausreichend berücksichtigt werden. Zusätzlich rückt auch die zeitliche Komponente bei der Pflanzenverfügbarkeit von Stickstoff immer mehr in den Mittelpunkt, denn die mikrobielle Stickstoffmineralisation im Boden variiert witterungsbedingt von Jahr zu Jahr.

Düngung kann optimiert werden, wenn möglichst viele standort- und zeitspezifische Daten kombiniert werden. Digitale Lösungen können hier eine große Unterstützung leisten. Durch neue Technologien kann umfassender, genauer und kontinuierlicher gemessen werden, durch Modellierung sind komplexe Zusammenhänge einfacher zu beschreiben. So ergänzen digitale Anwendungen mit zusätzlichen Informationen das Wissen des Praktikers und können auf diese Weise seine Entscheidungen optimieren.

Präzisionslandwirtschaft im Praxistest

Im dreijährigen Projekt „Precise Nitrogen“ wurde ein digitaler Ansatz bei der Optimierung der Stickstoffeffizienz im Winterweizen erprobt. Dazu wurde ein kosteneffizientes System an Feldsensoren genutzt, das Wetterdaten, wie Bodentemperatur und -feuchte, misst und über Funkverbindung fortlaufend weitergibt. Des Weiteren wurden Spektraldaten von Satelliten erhoben und vegetationsbegleitende Untersuchungen durchgeführt, um die Entwicklung des Pflanzenbestandes abzubilden. Ein Farm-Management-System – ein „Ökosystemmodell“, das die vorhandenen Daten miteinander kombiniert und eine Ertragsprognose erstellt –, wurde unter Praxisbedingungen geprüft.

Dazu erprobten vier Ackerbaubetriebe auf heterogenen Standorten mit sandigen, tonigen sowie lehmigen Böden im Braunschweiger Land dieses integrierte Düngesystem auf ihren Feldern in den Versuchsjahren 2021 und 2022. Das weitere Projektkonsortium setzte sich aus der Landwirtschaftskammer Niedersachsen, dem Forschungszentrum für landwirtschaftliche Fernerkundung am Institut für Pflanzenbau und Bodenkunde des Julius Kühn-Instituts, der Abteilung Agrartechnik der Georg-August-Universität Göttingen sowie dem Netzwerk Ackerbau Niedersachsen e. V. (NAN) zusammen. Das Göttinger Start-Up Agvolution GmbH lieferte die entsprechenden Technologien und die LUFA Nord-West unterstützte das Projekt fachlich. Gefördert wurde das Projekt von der Europäischen Innovationspartnerschaft „Produktivität und Nachhaltigkeit in der Landwirtschaft“ (EIP Agri). Für den Projektverlauf wurden zunächst die Ackerflächen ausgewählt und die Bodenunterschiede in den Schlägen durch die Bildung von Teilflächen identifiziert (Abbildung 1). Dabei sollten die Teilflächenunterschiede möglichst quer zur Fahrrichtung sein, damit alle Düngevarianten auf der Teilfläche realisiert werden konnten.

Abbildung 1: Darstellung der Teilflächeneinteilung auf Basis verschiedener Datenquellen © Dennis Löwe, Forschungszentrum für landwirtschaftliche Fernerkundung am Institut für Pflanzenbau und Bodenkunde, Julius Kühn-Institut

Die Projektbetriebe führten die Stickstoffdüngung mit vier verschiedenen Varianten in Streifenversuchen (Abbildung 2) durch, wobei die erste Stickstoffgabe flächeneinheitlich und die zweite und dritte Gabe entsprechend der Düngevarianten appliziert wurde.

Düngevarianten

  • Variante 1: Uniforme Düngung = Stickstoffmenge gemäß Düngebedarfsermittlung, einheitlich auf dem Versuchstreifen ausgebracht.
  • Variante 2: Satellit = Änderung der Düngeverteilung im Streifen auf Basis des über Satellitenbilder berechneten „normalisierten differenzierten Vegetationsindexes“ (NDVI). Die Düngemenge ist entsprechend der Variante 1, aber die Variation der Verteilung im Streifen liegt zwischen +/- 20 %.
  • Variante 3: Ökosystemmodell V (ÖSM V) = Änderung der Düngeverteilung im Streifen auf Basis des Farmalyzer-Modells der Firma Agvolution GmbH, Düngemenge entsprechend der Variante 1.
  • Variante 4: Ökosystemmodell VM (ÖSM VM) = Änderung der Düngeverteilung im Streifen auf Basis des Farmalyzer-Modells der Firma Agvolution GmbH, Düngemenge variiert zusätzlich auf Basis des Farmalyzer-Modells.
Abbildung 2: Beispiel von 2 Ackerschlägen mit den verschiedenen Düngevarianten in Streifenversuchen © Eike Hunze, Abteilung Agrartechnik der Georg-August-Universität Göttingen
Erkenntnisse

Bei den Großflächenversuchen unter Praxisbedingungen wurde festgestellt, dass der Effekt der Teilflächen und somit der Bodenunterschiede auf die Stickstoffeffizienz größer war als der Effekt der Düngevarianten. Die Düngevarianten unterschieden sich zu wenig in der Stickstoffmenge. Zudem war nicht das Stickstoffangebot der begrenzende Faktor, sondern die aufkommende Trockenheit im Frühsommer beider Versuchsjahre.

Mit Blick auf die Technologien zeigte sich, dass die Datenübertragung der Feldsensoren in einem lokalen Netzwerk im Jahr 2021 unzureichend war. Im Jahr 2022 war die Übertragung zuverlässiger, weil ein Mobilfunknetz genutzt wurde. Die Datenqualität der Sensorik wurde innerhalb einer Teilfläche durch den Vergleich von benachbarten Sensoren überprüft. Bei den Messzusammenhängen zeigten die Luft- sowie die Bodentemperatur sehr gute Werte. Bei der Luftfeuchtigkeit wurden auch noch gute Werte gemessen. Bei der Bodenfeuchte ergab sich ein differenziertes Bild: es gab Anteile mit sowohl sehr guten als auch sehr schlechten Zusammenhängen. Die grundlegende Erkenntnis ist, dass die Sensorik Erfahrungen der Landwirte messbar macht und damit für die Verwendung in Modellen geeignet ist. Die Abschätzung der Stickstoffnachlieferung durch das Ökosystemmodell war in den beiden Versuchsjahren mäßig, denn die Berücksichtigung von Wetterextremen war schwierig. Zudem lässt eine zu geringe Höhe der Stickstoff-Auf- und Abschläge kaum eine differenzierte Betrachtung zu.

Damit spiegeln die erzielten Ergebnisse das Potential dieser Technologie wider. Es bleibt jedoch festzuhalten, dass weitere Forschung notwendig ist, um die Ergebnisse des Projektes zu validieren, zu ergänzen und die vorhandenen Technologien weiterzuentwickeln. In den dreijährigen Laufzeiten der EIP-Agri-Projekte lassen sich zwar Innovationen in Großflächenversuchen, die auf die einjährigen Vegetationszyklen im Ackerbau angewiesen sind, testen, aber für die Validierung – also die Prüfung auf Anwendbarkeit unter praktischen Verhältnissen – ist der Zeitraum zu kurz.

Ein Erfolg des Projekts war die Vernetzung zwischen Wissenschaft und Praxis als eine wesentliche Voraussetzung, um die vorgestellten Technologien in der landwirtschaftlichen Praxis testen zu können. Das Engagement der teilnehmenden landwirtschaftlichen Betriebe an Forschungsvorhaben kann daher nicht hoch genug geschätzt und sollte zukünftig auch entsprechend honoriert werden.

Wer mehr zur fernerkundungsbasierten teilflächenspezifischen Stickstoffapplikation erfahren möchte, kann sich eine Methodenübersicht herunterladen. Diese gibt einen Überblick der Messprinzipien und der marktverfügbaren Anwendungen. Der Abschlussbericht des Projektes wird nach Freigabe durch den Fördermittelgeber umgehend veröffentlicht.

 
Das Projekt wurde im Rahmen der Europäischen Innovationspartnerschaft „Produktivität und Nachhaltigkeit in der Landwirtschaft“ (EIP Agri) gefördert.