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Projekt des Monats: 5G Nortnet

Rund um den Ackerbau gibt es viele innovative Ideen. In Niedersachsen finden hierzu zahlreiche spannende Forschungsaktivitäten statt. Wir wollen sie sichtbarer machen und dabei helfen, Erkenntnisse zu verbreiten. Deshalb stellen wir jeden Monat ein Projekt vor. Das Projekt im November heißt 5G Nortnet und wird im Landkreis Northeim umgesetzt.

Wegbereiter für die digitale Wertschöpfungskette in der Landwirtschaft

Das Projekt „5G NortNet“ befasst sich mit der Optimierung der Erzeugung von Lebensmitteln entlang der landwirtschaftlichen Wertschöpfungskette durch die Anwendung des leistungsfähigen Mobilfunkstandards 5G. Dieser bietet die Möglichkeit große Datenmengen schneller und zuverlässiger zu übertragen. In verschiedenen Teilprojekten werden konkrete Anwendungsfälle bearbeitet. Das Verbundprojekt will einen technologiegestützten Innovationsschub für die Projektregion bewirken, der aber auch auf andere Regionen übertragbar ist. Das dreijährige Projekt läuft bis Ende 2024. Auf der Abschlussveranstaltung im September wurden die entwickelten 5G-Technologien vorgestellt.

Die eingesetzten Drohnen werden auf dem Abschlussevent erklärt; zu sehen ist die Phenodrohne. ©SüdniedersachsenStiftung
Hacke zur mechanischen Unkrautbekämpfung ©SüdniedersachsenStiftung

Fünf Teilprojekte mit ihren Anwendungsfällen

  1. 5G-Farmcloud: Ein grundlegender Baustein für alle Anwendungsfälle im Projekt ist die cloudbasierte Daten-Plattform. In der 5G-Farmcloud können Daten automatisch während ihrer Entstehung abgespeichert werden. Dadurch entfallen manuelle Zwischenschritte, wie das Abspeichern auf externen Medien. Auch der Zugriff und die weitere Nutzung von Daten (z.B. Klima- und Maschinendaten) in pflanzenbaulichen Entscheidungsprozessen (wie Düngung oder Pflanzenschutz) werden durch die 5G-Farmcloud erleichtert, in dem mit einem digitalen Zwilling verschiedene Szenarien ausprobiert werden können. Ein Schwerpunkt in der Projektumsetzung ist es, den Datenaustausch und -zugriff von kommerziellen sowie nicht-kommerziellen Systemen zu ermöglichen. Bei der 5G-Farmcloud bleiben die Daten Eigentum der Nutzenden und die Konformität des Datenschutzes wird sichergestellt.
  2. Phenodrohne: Die Pflanzenzüchtung ist ein wichtiges Arbeitsgebiet am Anfang der Wertschöpfungskette. Die Erfassung von Pflanzenmerkmalen auf dem Feld kann durch die Nutzung einer Drohne, die mit Kamera und 5G-Konnektivität ausgestattet ist, effizienter und schneller erfolgen. In diesem Anwendungsfall konnte der Zeitraum der Datenübertragung über den Zwischenstopp einer „Datengarage“ von mehreren Tagen auf unter 24 Stunden reduziert werden.
  3. Scoutdrohne: Ein weiteres Teilprojekt befasst sich ebenfalls mit der Kombination aus Drohne, Kamera und 5G-Konnektivität. Die Scoutdrohne ist für den vielfältigen Einsatz im Bestandsmanagement ausgerichtet. Im Ackerbau wurde sie für die Erfassung und Kartierung von Unkräutern erprobt. Durch die 5G-Technologie kann die Unkrautregulierung zielgerichteter und schneller durchgeführt werden. Im Grünland wurde das System mit einer Wärmebildkamera getestet, um Wildtiere zu erfassen. Hier ermöglicht diese Technologie beispielsweise junge Rehkitze vor dem Tode im Zuge der Wiesenmahd zu bewahren.
  4. Augmented Reality (AR)-Fernwartungssystem: Dieser Anwendungsfall zielt darauf ab, digitale Unterstützung im Fall eines Maschinenschadens zu organisieren. Dabei kommen mobile Endgeräte (wie Tablet oder Smartphone) zum Einsatz, über den sich die Servicetechniker:innen visuell zu den Landwirt:innen hinzuschaltet und mit graphischen Elementen zum Beheben der Probleme beiträgt. Dadurch können Zeit und Anfahrtskosten eingespart werden. Potenziell gibt es auch die Möglichkeit, das System für die Ausbildung zu nutzen.
  5. Erntelogistik: In diesem Teilprojekt wurden die Logistikprozesse bei der Weizen- und Silomaisernte optimiert. Für eine bessere Steuerung der Mengenströme muss zunächst eine Datengrundlage geschaffen werden. Für die Erfassung der Erntemengen und ihrer Qualität werden die Erntefahrzeuge mit Sensortechnik (z.B. NIRS) und Telemetriemodulen ausgestattet. Auch die Fahrtrouten werden aufgezeichnet. Durch diese Steigerung der Effizienz sollen der Kraftstoffverbrauch und die Bodenbelastung reduziert werden.
Wechsel der Abfahrer beim Häckseln ©Abteilung Agrartechnik, Universität Göttingen

Über das Projekt sprach Dr. Stefanie Schläger vom Ackerbauzentrum Niedersachsen mit dem Projektkoordinator Dr. Peter Oswald von der SüdniedersachsenStiftung:

Die Laufzeit des Projektes nähert sich dem Ende. Wo sehen Sie das größte Potential der
5G-Technologie für die Landwirtschaft?

Die Landwirtschaft wird sich immer mehr digitalisieren, nur dann wird es möglich sein, die Effizienz weiter zu steigern und mit weniger Ressourceneinsatz die Herausforderungen der Zukunft zu meistern. Für die Digitalisierung ist aber ein Austausch von Daten notwendig und dieser Datenaustausch wird in Zukunft über 5G erfolgen. Auch werden die Datenmengen immer größer und damit steigt der Bedarf an einer schnellen und sicheren Übertragung. Dies ermöglicht künftig den Einsatz vom digitalen Zwilling des Feldes und predictive maintenance in der Landwirtschaft. Auch sehe ich die Steuerung von autonomen Drohnen oder Robotern auf dem Feld zunehmend an Bedeutung gewinnen. Hierbei wird die geringe Latenz von 5G eine wichtige Eigenschaft darstellen.

Welche Herausforderungen sehen Sie für den Einsatz von 5G-Anwendungen in der Landwirtschaft?

Ich sehe zwei Herausforderungen, die erste ist die Netzabdeckung und die Zweite ist die Daten-Homogenität.

Die Netzabdeckung ist auf dem Feld generell schlecht. Es gibt auch Ausnahmen, wie bei uns rund um Einbeck. Es stellt sich aber die Frage, ob eine Netzabdeckung 24/7 auf dem Feld notwendig ist, und ob nicht temporäre Netze beispielsweise mit Routern an Drohnen oder Sendewagen mit Antennen in den Zeiten Abhilfe schaffen können. Die Router-Drohen sind beispielsweise für den Rettungsdienst oder die Forstwirtschaft bereits entwickelt.

Die Homogenität der Daten, damit meine ich, dass die Daten der unterschiedlichen Hersteller nicht direkt übertragbar sind und übersetzt werden müssen. Es gab Ansätze hier einen Standard zu etablieren. Davon sind wir jedoch noch weit entfernt. Inwiefern aber Hersteller bereit sind sich auf einen Standard zu einigen, sieht man am Ladekabel für Mobiltelefone. Es ist ein langer Weg, aber ich habe die Hoffnung nicht aufgegeben, dass es doch irgendwann funktioniert.

Weshalb ist das Projekt gerade heute so wichtig?

Werden in einer Branche neue Technologien eingesetzt, so werden oft für jeden Arbeitsschritt Lösungen erarbeitet, die für diesen Arbeitsschritt optimal sind. Aber dieser Arbeitsschritt ist dann ein kleiner Teil eines größeren Arbeitspaket, das wiederum Teil eines Größeren ist. Mit dem Projekt 5GNortNet haben wir versucht, diese einzelnen Arbeitsschritte auf ein System zu vereinen und damit die einzelnen Lösungen zusammenzubringen. Dieses System ist bei uns die 5G-Farmcloud, die als marktfähiges Produkt aus dem Projekt entstanden ist und weiterentwickelt wird. In diese können neue Features eingebaut und so neue Ideen integriert werden. Heute sind wir an dem Punkt, dass wir die vielen guten Ideen der Branche an die Anwender:innen weitergeben können. Damit diese aber genutzt werden können brauchen die Anwender:innen aber idealerweise einen einfachen Zugang, wie wir ihn mit unserem Projekt geschaffen haben.

Projektbeteiligte 5GNortNet (v.li.): Markus Weidel, Sandra Rippl (beide Vodafone), Andreas Heckmann (Agvolution GmbH), Nora-Sophie Eichhorn (KWS Saat SE & Co. KGaA), Christoph von Breitenbuch (Agrar-Betriebsgemeinschaft Leine-Solling GbR), Landrätin Astrid Klinkert-Kittel (Landkreis Northeim), Dr. Peter Oswald (SüdniedersachsenStiftung), Dr. Christoph Bauer (KWS Saat SE & Co. KGaA), Florian Renneberg (SüdniedersachsenStiftung), Francesca Villa und Hannes Meyer (beide Abt. Agrartechnik Universität Göttingen). ©SüdniedersachsenStiftung
Projektpartner:
Förderung:Bundesministerium für Digitales und Verkehr im Rahmen seines 5G-Innovationsprogramms
Fördersumme: rund 3 Millionen €
Projektlauftzeit: 01.01.2022 – 31.12.2024

Das Titelbild zeigt eine 5G-Drohne vor Häcksler und Abfahrer © SüdniedersachsenStiftung