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Projekt des Monats: 5G Smart Country

Rund um den Ackerbau gibt es viele innovative Ideen. In Niedersachsen finden hierzu zahlreiche spannende Forschungsaktivitäten statt. Wir wollen sie sichtbarer machen und dabei helfen, Erkenntnisse zu verbreiten. Deshalb stellen wir jeden Monat ein Projekt vor. Das Projekt im Dezember heißt „5G Smart Country“ und wird in den Landkreisen Wolfenbüttel und Helmstedt umgesetzt.  

5G Pionierprojekt im ländlichen Raum

Im Projekt „5G Smart Country“ wird der Nutzen der fünften Mobilfunkgeneration für die Land- und Forstwirtschaft erprobt. Durch die höhere Leistungsfähigkeit von 5G können die Technologien nahezu in Echtzeit reagieren. Das „5G Smart Country“ Projekt unterteilt sich in die Bereiche „Smart Farming“ und „Smart Forestry“. Das dreijährige Forschungsvorhaben endet im Dezember 2024.

Landwirtschaftliches Teilprojekt „Smart Farming“

„Smart Farming“ hat es sich zum Ziel gesetzt, durch die Vernetzung von Feldrobotik, Drohnen und Sensoren direkt an den Maschinen mit der 5G-Anbindung die Effizienz in der Landwirtschaft zu steigern. Und zwar sowohl hinsichtlich der Wirtschaftlichkeit als auch mit Blick auf Ökologie und gesellschaftliche Akzeptanz. Dabei liegt der Fokus auf 6 Use Cases:

1. Digitalisierte Pflanzenbausysteme: Digitale Technologien in der Landwirtschaft bieten die Möglichkeit, Anbausysteme ganz neu zu denken. Ein Beispiel ist das Konzept „Spot Farming“. Dabei richten sich pflanzenbauliche Maßnahmen nach den Bedürfnissen der Einzelpflanze. Deshalb werden Agrarflächen nach ihren unterschiedlichen teilflächenspezifischen Eigenschaften unterteilt. Die Bewirtschaftung erfolgt mithilfe von hochautomatisierter Feldrobotik. Das System benötigt für eine optimale ganzjährige Nutzung der Rechenkapazität eine stabile, leistungsfähige Netzwerkanbindung, die sich derzeit am besten mit 5G realisieren lässt.

2. Einzelpflanzenerkennung: Dieser Use Case befasst sich mit der sensorbasierten Merkmalserfassung von Einzelpflanzen. So können u.a. das Keimverhalten und der Aufwuchs von Pflanzenbeständen noch genauer bewertet werden.

3. Pointed Fertilizing: Bei der teilflächenspezifischen Stickstoffdüngung werden die räumlichen Unterschiede auf Ackerflächen berücksichtigt. Um das jeweilige Ertragspotenzial zu erreichen, ist nicht überall die gleiche Düngemenge notwendig. In diesem Anwendungsfall wird der Stickstoffbedarf von Getreidebeständen über Satelliten- und Drohnenaufnahmen ermittelt. Die 5G-Anbindung unterstützt bei der Datenverarbeitung in Echtzeit.

4. Smarte Ernte: Dieser Anwendungsfall befasst sich mit der qualitativen und quantitativen Analyse des Ernteguts während der Überfahrt am Beispiel von Getreide. Die Qualität des Getreidestroms wird mit einem Nahinfrarot-Spektrometer (NIR) auf dem Mähdrescher anhand des Rohproteingehalts gemessen. Damit können schon frühzeitig Vermarktungsentscheidungen getroffen werden. Bei der Überfahrt werden zudem die einzelnen Stoppeln mithilfe von Kamerasystemen und einer KI-Software gezählt. Dies ermöglicht Informationen über den Feldaufgang und hilft dabei, die Aussaat auf heterogenen Ackerflächen zu optimieren.

5. Unkrautregulierung: Dieser Use Case widmet sich der mechanischen Unkrautregulierung mittels Feldroboter mit Hackaggregaten. Durch mit Kamerasystemen ausgestatteten Drohnen werden Daten zur Unkrautverbreitung im Feld generiert. Diese werden mit Hilfe von 5G unmittelbar ausgewertet und zur teilflächenspezifischen Unkrautbehandlung genutzt.

6. Wildtiererkennung: Drohnen mit Wärmebildkameras werden insbesondere im Grünland eingesetzt, um Tiere ohne Fluchtinstinkt, wie Rehkitze, vor dem Tod durch die Frühjahrsmahd zu bewahren. Im „5G Smart Country“ Projekt wurde dieser Prozess automatisiert. Über eine KI wird in Echtzeit identifiziert, worum es sich bei einem Wärmepunkt handelt, und diese Information wird inklusive der Lokalisierung an den Landwirt übertragen.

Mechanische Unkrautregulierung mittels Feldroboter ©Eva-Marie Dillschneider, Julius Kühn-Institut
Wildtiererkennung mit Wärmebildkamera ©Julian Weide, Landwirtschaftskammer Niedersachsen

Über das Projekt sprach Dr. Stefanie Schläger vom Ackerbauzentrum Niedersachsen mit der Projektmanagerin Dr. Tanja Böhm von der Projektagentur Wolfenbüttel:

Die Projektlaufzeit nähert sich dem Ende. Wo sehen Sie das größte Potential mit der 5G-Technologie in der Landwirtschaft eine Effizienzsteigerung zu erreichen?

5G eröffnet der Landwirtschaft durch die Echtzeit-Datenübertragung neue Möglichkeiten und beschleunigt damit Entscheidungsprozesse auf dem Feld.  Dank der hohen Übertragungsraten von 5G können Sensoren und Maschinen nahtlos vernetzt werden, wodurch große Datenmengen effizient genutzt werden können – von der Erkennung von Unkraut bis hin zur präzisen Anpassung der Düngermenge für einzelne Pflanzen. Weiterhin großes Potenzial zeigt sich in der vernetzten Steuerung und Überwachung landwirtschaftlicher Maschinen und autonomer Fahrzeuge, die bei Aufgaben wie Aussaat, Pflege und Ernte eingesetzt werden. Dies ermöglicht nicht nur eine Einsparung von Ressourcen, sondern trägt auch dazu bei, die gesamte landwirtschaftliche Produktionskette nachhaltiger und effizienter zu gestalten.

Wie schätzen Sie den Erfolg ein, dass 5G-Anwendungen die gesellschaftliche Akzeptanz der Landwirtschaft verbessern kann?

Auf der einen Seite können Technologien wie vernetzte Maschinen dazu beitragen, Ressourcen wie Dünger oder Wasser sparsamer einzusetzen und damit die Umwelt zu schonen. Gleichzeitig kann die Bewirtschaftung des Feldes effizienter gestaltet werden, sodass Erträge gesteigert werden. Diese Fortschritte können das Vertrauen in die Landwirtschaft wieder stärken, weil sie zeigen, dass moderne Technologien nicht nur effizient, sondern auch umweltfreundlich sein können.

Der verstärkte Einsatz von (noch mehr) moderner Technik in der Landwirtschaft wird jedoch teils auch kritisch betrachtet, da autonome Fahrzeuge und hochentwickelte Geräte in vielen Bereichen als potenzielle Gefahr für Arbeitsplätze wahrgenommen werden. Gleichzeitig adressieren gerade diese Technologien ein dringendes Problem der Landwirtschaft: den zunehmenden Arbeitskräftemangel und die stetig steigenden Anforderungen an die Landwirtschaft in Bezug auf Ertrag und Qualität.

Die gesellschaftliche Akzeptanz hängt dabei maßgeblich davon ab, wie diese Entwicklungen vermittelt werden und inwiefern sie deutlich machen, dass technologische Fortschritte nicht nur die Effizienz steigern, sondern auch zu einer nachhaltigeren und zukunftsfähigen Landwirtschaft beitragen können.

Weshalb ist das Projekt gerade heute so wichtig?

Das Projekt „5G Smart Country“ ist gerade heute von großer Bedeutung, weil der ländliche Raum in vielen Regionen mit Herausforderungen wie dem Strukturwandel, dem Fachkräftemangel und der Überalterung zu kämpfen hat. Durch die Einführung von 5G-Technologien können diese Herausforderungen zum Teil aufgefangen werden, indem Prozesse effizienter und produktiver gestaltet und dadurch wirtschaftliche Perspektiven geschaffen werden. Zudem stehen Landwirtschaft und ländliche Regionen unter zunehmenden Druck, sich an den Klimawandel anzupassen und gleichzeitig nachhaltiger zu produzieren. 5G kann hierzu einen wesentlichen Beitrag leisten, indem es die Digitalisierung und Vernetzung von Agrarbetrieben ermöglicht und damit eine zukunftsfähige, resilientere Landwirtschaft fördert.

Düngestreuer mit Einzeldüsenansteuerung ©Tanja Böhm, Landkreis Wolfenbüttel
Projektpartner:
Assoziierte Projektpartner:
Förderung: Bundesministerium für Digitales und Verkehr im Rahmen seines 5G-Innovationsprogramms
Fördersumme: 3,9 Millionen € (Gesamtvorhaben)
Projektlauftzeit: 18.11.2021 – 31.12.2024

Titelbild © TU Braunschweig