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Projekt des Monats: Agro-Nordwest

Rund um den Ackerbau gibt es viele innovative Ideen. In Niedersachsen finden hierzu zahlreiche spannende Forschungsaktivitäten statt. Wir wollen sie sichtbarer machen und dabei helfen, Erkenntnisse zu verbreiten. Deshalb stellen wir jeden Monat ein Projekt vor. Das Projekt im Oktober heißt Agro-Nordwest und wird von dem Agrotech Valley Forum e.V., der Hochschule Osnabrück, der Universität Osnabrück sowie weiteren Partnern umgesetzt.  

Das Projekt Agro-Nordwest ist eines der initial bundesweit geförderten 14 digitalen Experimentierfelder und befasst sich ganzheitlich mit der digitalen Transformation im landwirtschaftlichen Pflanzenbau. Dabei wird der Landwirt in den Mittelpunkt gestellt. Das fünfjährige Verbundprojekt endet im Oktober 2024.

Erste Projektphase

Der Projektstart erfolgte mit sechs Schwerpunkten und ihren Anwendungsfällen, aus denen mehrere Ergebnisse gezogen werden können:

  1. Wirtschaftlichkeit: Im Vergleich zu konventionellen Vergleichssystemen sind umweltgerechte, digitale Technologien ökonomischer, wenn optimale Bedingungen gegeben sind oder Auflagen gegenüber den zumeist kostengünstigeren Vergleichssystemen ausgesprochen werden.
  2. Mensch und Betrieb: Dieser Schwerpunkt hatte zum Ziel, einen niederschwelligen Einstieg für landwirtschaftliche Betriebe in die digitale Unterstützung zu entwickeln. Bei der Anwendung von Feldsensoren wurde deutlich, dass sie neue Erkenntnisse über die Bedingungen eines Feldes liefern. Die Sensoren sollten jedoch gezielt und nur bei Bedarf eingesetzt werden und eher gemietet als gekauft werden.
  3. Vernetze Prozesse: Die Praxiserprobung und Optimierung von herstellerübergreifenden Verfahrensketten wurde am Beispiel der Rübenernte durchgeführt. Hierzu wurde anhand von Realdaten ein Simulationstool von der Aussaat bis zur Ernte erstellt.
  4. Digitale Entscheidungsunterstützung: Kameras auf Drohnen ermöglichen ein Bestandsmonitoring bis zur Handlungsempfehlung. Bei den Management-Entscheidungen können KI-gestützte Systeme helfen.
  5. Agrarsysteme der Zukunft: In diesem Schwerpunkt erfolgte die praxistaugliche Bewertung von autonomen Systemen, u.a. bei der Unkrautregulierung. Dabei wurde festgestellt, dass sie das Potenzial haben, konventionelle landwirtschaftliche Prozesse zu optimieren. Um den Betrieb zu sichern, sind allerdings Infrastrukturen, wie RTK-GPS, Internet und Sicherheitssensoren erforderlich.
  6. Digitale Qualifikation: In diesem Teilbereich wurden die Aus- und Weiterbildung zu den Inhalten der digitalen Transformation in der Landwirtschaft weiterentwickelt. Dabei zeigte sich, dass der Einsatz von E-Learning-Modulen und Entwicklung von Demonstratoren zur Kompetenzsteigerungen von Schülern und Studierenden führt.

Verlängerungsphase

Im Projektverlauf gingen die Beteiligten zu einer noch stärkeren interdisziplinären Zusammenarbeit über und es wurde nicht mehr zwischen den verschiedenen Projektschwerpunkten unterschieden. Im Fokus stand eine ganzheitliche Praxisintegration digitaler Technologien, die personengebundene Maschinen mit autonomen Feldrobotern und Drohnen kombiniert.

Die neue Interdisziplinarität involviert auch sozialwissenschaftliche Forschungsbereiche. Ein bedeutendes Output dieser Zusammenarbeit ist die Transformationsroadmap – Perspektiven der Agrartechnik 2025. Sie soll dabei helfen, das Verständnis für Transformationsprozesse zu verbessern und letztlich einen mittel- und langfristigen Orientierungsrahmen für Forschung, Entwicklung und Innovation schaffen.

Die Website von Agro-Nordwest hält viele weitere Veröffentlichungen zu den zahlreichen praxisorientierten Forschungsarbeiten bereit, die im Rahmen des Verbundprojektes gelaufen sind.

Über das Projekt sprach Dr. Stefanie Schläger vom Ackerbauzentrum Niedersachsen mit der Projektkoordinatorin Dr. Michaela van Eickelen:

Weshalb ist das Projekt gerade heute so wichtig?

Das landwirtschaftliche Betriebsumfeld und das Berufsbild von Landwirt*innen wandeln sich durch die voranschreitende Digitalisierung seit Jahren rasant. Digitale Technologien sind längst auf dem Feld und dem Hof angekommen und können die Arbeit der Landwirt*innen im Pflanzenbau in vielen Bereichen des landwirtschaftlichen Alltags ergänzen. Agro-Nordwest betrachtet und erprobt neueste Technologien zur Prozessautomatisierung und -optimierung für unterschiedliche Betriebsstrukturen – stets in enger Zusammenarbeit mit den Anwender*innen. Durch diesen engen Praxisbezug und die aktive Einbeziehung der Landwirt*innen stellen wir sicher, dass unsere Ansätze relevant und umsetzbar sind. Von Beginn an hat Agro-Nordwest dafür begleitende sozialwissenschaftliche Forschungsbereiche integriert, um ein tiefergehendes Verständnis von der digitalen Transformation in der Landwirtschaft zu gewinnen und darauf aufbauend einen proaktiven Transformationsansatz verfolgen zu können. Für diesen interdisziplinären Ansatz haben wir Arbeitswissenschaften, Juristen, Zukunftsforschung und die Ökonomie integriert, um eine ganzheitliche Betrachtung zu gewährleisten. Als Grundlage für eine erfolgreiche Transformation sehen wir die Qualifikation von Landwirt*innen für neue Technologien. Unser „Train-the-Trainer“-Ansatz verfolgt das Ziel, Lehrende durch die Bereitstellung von Lehrmaterialien dabei zu unterstützen.

Agro-Nordwest ist ein besonders umfangreiches Forschungsprojekt. Welches Ergebnis würden Sie für die landwirtschaftliche Praxis hervorheben?

Die technische Interoperabilität zwischen Feldrobotik, Landmaschine und Drohne wurde im Praxistest erfolgreich realisiert und eröffnete perspektivisch neue Handlungsfelder zum teilflächenspezifischen Bestandsmanagement. Die ökonomische Betrachtung zeigte allerdings, dass (im Anwendungsfall Mais) der Einsatz von Robotertechnik zur Bestandspflege aufgrund von kostengünstigen konventionellen chemischen und mechanischen Unkrautbehandlungsmaßnahmen noch nicht wirtschaftlich ist.

Unsere Untersuchungen zeigen, dass die digitale Transformation der Landwirtschaft das Zusammenwirken verschiedenster Akteure erfordert, wobei landwirtschaftliche BeraterInnen eine entscheidende Schnittstellenfunktion für die Digitalisierung landwirtschaftlicher Betriebe einnehmen. Auch die daran orientierte Ausbildung junger Landwirt*innen und die rechtskonforme Gestaltung der Datenströme sind entscheidende Faktoren für die Transformation. Für einen Blick in die Zukunft der Landwirtschaft 2050 wurde eine Transformationsroadmap erarbeitet, die Chancen, Herausforderungen und Handlungsmöglichkeiten für Landwirtschaft und Landtechnik ableitet.

Wie könnten Ihrer Erfahrung nach die interdisziplinären Forschungsprojekte gestärkt werden?

Landwirt*innen, Agrarunternehmen und andere Akteure der Landwirtschaft müssen frühzeitig in den Forschungsprozess einbezogen werden. Ihre praktischen Erfahrungen und Bedürfnisse können wertvolle Impulse für die Forschung und Anwendbarkeit liefern. Die Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Disziplinen kann zum Beispiel durch gemeinsame Forschungsanträge, Workshops und Konferenzen aktiv gefördert werden und so die Nachhaltigkeit interdisziplinärer Lösungsansätze hervorgehoben und der Austausch von Ideen und Best Practices ermöglicht werden. Zudem sollten die Ergebnisse interdisziplinärer Projekte aktiv kommuniziert und verbreitet werden. Dies geschieht bei Agro-Nordwest durch Publikationen, Schulungen, Feldtage und öffentlichkeitswirksame Veranstaltungen, die das Bewusstsein für die Bedeutung der Digitalisierung in der Landwirtschaft schärfen. Auch die Ausbildung von Landwirt*innen und Fachkräften sollte interdisziplinäre Ansätze fördern: Studiengänge und Berufsschulen, die unterschiedliche Disziplinen vereinen, können dazu beitragen, Fachkräfte auszubilden, die in der Lage sind, die Herausforderungen der Digitalisierung in der Landwirtschaft zu meistern. Zuletzt stellt natürlich auch die Bereitstellung von Fördermitteln für interdisziplinäre Projekte einen entscheidenden Anreiz dar, Projekte interdisziplinär aufzustellen.

Projektkoordination
Projektpartner
Förderung: Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft
Projektlauftzeit: 10.10.2019 - 09.10.2024