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Projekt des Monats: SOILAssist

Rund um den Ackerbau gibt es viele innovative Ideen. In Niedersachsen finden hierzu zahlreiche spannende Forschungsaktivitäten statt. Wir wollen sie sichtbarer machen und dabei helfen, Erkenntnisse zu verbreiten. Deshalb stellen wir jeden Monat ein Projekt vor und beginnen diese Serie mit Projekten der NAN-Mitglieder. Das Projekt im April heißt SOILAssist und wird vom Thünen-Institut gemeinsam mit Partnern umgesetzt.

SOILAssist – Nachhaltige Sicherung und Verbesserung von Bodenfunktionen durch intelligente Landbewirtschaftung

Landwirtschaftliche Maschinen sind seit Jahrzehnten aus ökonomischen und arbeitswirtschaftlichen Gründen größer und schwerer geworden. Dadurch können sie Bodenverdichtungen auslösen, die die vielfältigen Bodenfunktionen beeinträchtigen. Dies schadet auch der Bodenfruchtbarkeit. In dem Projekt SOILAssist werden praxistaugliche Technologien und Tools entwickelt, um negative Veränderungen auf Bodenstruktur und -funktionalität durch Befahren von Ackerflächen frühzeitig zu erkennen und zu vermeiden.

Im Mittelpunkt des fachübergreifenden Verbundprojektes steht die Entwicklung eines on-board-Assistenzsystems für Landwirte und Lohnunternehmen, das mögliche negative Bodenveränderungen anzeigt und optimierte Maschinenparameter und Fahrrouten vorschlägt. Für den Zugriff während des Feldeinsatzes wurde eine grafische Bedienoberfläche für ein Android Tablet entwickelt. Eine Verknüpfung mit einem sogenannten „Backend“-Server gewährleistet, dass keine rechenintensiven Vorgänge auf dem Tablet notwendig sind.

In dem SOILAssist-Konsortium wird interdisziplinär in verschiedenen Teilprojekten gearbeitet. So wurde u.a. eine Mehrkanal-Messvorrichtung entwickelt, die den Bodendruck und die Bodenverformung gleichzeitig in unterschiedlichen Tiefen misst. Eine gleichzeitige Entnahme von Bodenproben zeigt, ob negative Veränderungen wichtiger Bodenfunktionen stattgefunden haben. Auf diese Weise kann der Einfluss unterschiedlicher Landmaschinen auf den Boden untersucht werden. Durch die Entwicklung eines Multi-Sensor-Systems direkt an der Maschine können Maschinen- und Reifenparameter abgeleitet werden, die im Zusammenhang mit der Bodenverdichtung stehen, wie z.B. dynamische Radlasten, Reifeninnendrücke, Kontaktflächen, Kontaktflächendrücke und Spurtiefen.

Diese fließen wiederum in das on-board-Assistenzsystem ein und dienen der Optimierung von Maschinen- und Reifenparametern und optimierter Fahrrouten aller Fahrzeuge auf dem Feld für eine möglichst bodenschonende Befahrung. Durch Modellierungsansätze werden die Befahrungsintensität, das Bodenverdichtungsrisiko und die Bodenverdichtungseffekte auf verschiedenen räumlichen Skalen dargestellt und analysiert.

Ein weiterer Schwerpunkt im Projekt ist die Entwicklung eines Planungssystems, das den Landwirt unterstützt Entscheidungen für ein vorausschauendes, bodenschonendes Management zu treffen. Dies bezieht sich sowohl auf die Investitionsentscheidung als auch auf Entscheidungen beim praktischen Einsatz. Dazu wurde eine Entscheidungsmatrix zur Befahrbarkeit erarbeitet. Darin wird die standortgenaue Befahrbarkeit der Ackerflächen auf der Grundlage von Daten zu Bodenfeuchte und Bodenart, kombiniert mit Expertenwissen zur Verdichtungsempfindlichkeit von Böden, ermittelt. Diese Anwendung ist aktuell für Mähdruscharbeiten in das KTBL-Tool zur Ermittlung von Feldarbeitstagen integriert und ist online verfügbar. Zukünftig werden weitere Techniken und Arbeitsgänge, sowie Projektergebnisse integriert.

Ein weiteres übergeordnetes Projektziel ist die Ableitung von Handlungsempfehlungen für die Praxis sowie die Beratung von Landwirtschaft und Agrarpolitik. Des Weiteren sollen die sozioökonomischen Folgen unterschiedlicher Managementoptionen abgebildet und bewertet werden. Im Austausch mit der landwirtschaftlichen Praxis wird die Umsetzbarkeit von Maßnahmen sowie die politischen Rahmenbedingungen für bodenschonendes Management erörtert. Zur Stärkung des Wissenstransfers im Themenfeld Bodenverdichtung und zur Vermittlung von Projektergebnissen werden zudem Lehrmaterialien für die landwirtschaftliche Berufsbildung (primär für Fachschulen) sowie Online-Lerntools entwickelt.

Über das Forschungsprojekt SOILAssist sprach Dr. Stefanie Schläger vom Ackerbauzentrum Niedersachsen mit Dr. Marco Lorenz vom Thünen-Institut für Agrartechnologie und Katharina Bäumler vom Thünen-Institut Stabstelle Boden, Klima, Biodiversität:

Konnte das on-board Assistenzsystem die Praxisreife erreichen? Für welche Anwendungsfälle kann das Tool genutzt werden?

Das Assistenzsystem wurde im Laufe des Projektes als Prototyp weiterentwickelt und bei unterschiedlichen Feldeinsätzen getestet. Es kombiniert Sensorik zur Optimierung von Maschinenparametern mit einem Routenplanungstool zur Koordination aller beteiligten Maschinen mit dem Ziel die Bodenbelastung auf dem Gesamtschlag zu minimieren. Der Prototyp wird derzeit auf einem landwirtschaftlichen Betrieb in Niedersachsen eingesetzt und weiter getestet. Dabei wird sein Einsatz an zwei Testfahrzeugen bei der Bodenbearbeitung, Silomais- und Zuckerrübenernte erprobt.

Das Projekt befindet sich im letzten Jahr der dritten Förderphase. Wo stehen Sie jetzt und was ist für die verbleibende Laufzeit geplant?

In der verbleibenden Projektzeit sollen die Projektergebnisse veröffentlicht sowie in die landwirtschaftliche Praxis hineingetragen und verbreitet werden. Zudem sollen die entwickelten Tools für die landwirtschaftliche Praxis und die Wissenschaft verfügbar gemacht werden. Die Projektergebnisse werden zusammen mit der entwickelten Sensorik und den Tools auf Veranstaltungen vorgestellt, wie z.B. auf den DLG Feldtagen 2024 (Treffpunkt „Traktion und Bodenschutz“).

Weshalb ist das Projekt gerade heute so wichtig?

Bodenverdichtungen sind für den Landwirt nur schlecht abschätzbar, potenziell generationenübergreifend und schwierig sowie nur mit hohem Aufwand wieder zu beheben. Daher ist ein vorsorgender Bodenschutz so wichtig. Auch die Auswirkungen des Klimawandels auf die landwirtschaftliche Produktion stellen neue Herausforderungen an die nachhaltige Nutzung landwirtschaftlich genutzter Böden. Das SOILAssist-Konsortium will mit Projektergebnissen und den entwickelten Tools dazu beitragen, wie man dem Spannungsfeld zwischen der Erzielung stabiler Erträge und einer bodenschonenden Bewirtschaftung der Ackerflächen besser gerecht werden kann. Zudem muss der Öffentlichkeit und der Politik vermittelt werden, dass hoher Handlungsbedarf besteht.

Projektkoordination
Thünen-Institut für Agrartechnologie
Weitere Projektpartner:
Projektlaufzeit insgesamt: August 2015 – Januar 2025