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Bewässerung im Ackerbau

Herausforderungen und Potentiale von Innovationen

Rückblick auf die Veranstaltung am 30. und 31.05.2024 in Suderburg

An zwei Tagen kamen jeweils rund 100 Teilnehmer in Suderburg zusammen, um sich über die Zukunft der Bewässerung im Ackerbau auszutauschen. Zu diesem bedeutenden Thema für den Ackerbau in Niedersachsen hatte ein breites Bündnis an Organisationen eingeladen. Beteiligt waren die Ostfalia Hochschule für angewandte Wissenschaften mit dem Institut für nachhaltige Bewässerung und Wasserwirtschaft im ländlichen Raum, die Landwirtschaftskammer Niedersachsen und der Fachverband Feldberegnung e.V., der Landkreis Uelzen, die AGRAVIS Future Farm und das Ackerbauzentrum Niedersachsen, dessen Träger der Verein Netzwerk Ackerbau Niedersachsen (NAN) e.V. ist. Alle wollen mit dieser Veranstaltung zum Ausdruck bringen: Bei den anstehenden Aufgaben zur Feldbewässerung müssen klimatische Veränderungen, betriebswirtschaftliche Konsequenzen und wasserrechtliche Vorgaben gemeinsam gedacht und geplant werden.

Fachsymposium: „Wasser: mehr Segen und weniger Fluch“

Los ging es am 30. Mai 2024 mit einem Fachsymposium an der Ostfalia Hochschule für angewandte Wissenschaften. Professor Klaus Röttcher von der Fakultät Bau-Wasser-Boden und zugleich Leiter des Instituts für nachhaltige Bewässerung und Wasserwirtschaft im ländlichen Raum (INBW) stimmte die Teilnehmer auf das Tagungsthema mit der historischen Bedeutung Suderburgs ein. Die Wiesenbauschule Suderburg als landwirtschaftliche Bildungseinrichtung wurde bereits 1854 gegründet. Um den verschiedenen Herausforderungen der landwirtschaftlichen Bewässerung zu begegnen, ist das „Suderburger Kompetenzcluster“ heute mehr denn je gefragt und vielfältige Lösungen müssen in Betracht gezogen werden. Da waren sich Manfred Tannen, Vizepräsident der Landwirtschaftskammer Niedersachsen, Henning Gottschalk, stellvertretender Vorsitzender des Fachverbandes Feldberegnung e.V., und Dr. Heiko Blume, Landrat des Landkreises Uelzen, in ihren Grußworten einig

Prof. K. Röttcher begrüßt die Tagungsgäste (©M. Budde-von Beust/NAN)
Dr. Heiko Blume unterstützt den Austausch für ein effizienteres Wassermanagement (©K. Röttcher)

Dr. Heiko Blume hielt fest: „Wasser ist die Basis allen Lebens. In Maßen sichert Wasser gute Ernten und stellt so die Ernährung der Menschen sicher. Zu viel oder zu wenig Niederschlag kann uns Menschen aber vor erhebliche Probleme stellen – vom Hochwasser bis zur Dürre. Durch den Klimawandel verstärken sich diese Phänomene, da immer häufiger Wetterextreme auftreten. Das zwingt uns, auch das Thema landwirtschaftliche Bewässerung intensiver als bisher in den Blick zu nehmen. Die Akteure auf diesem Gebiet im Landkreis Uelzen, wie zum Beispiel die Landwirtschaftskammer und die Ostfalia Hochschule, können hier auf einen großen Erfahrungsschatz zurückblicken. Ich freue mich über den intensiven Austausch, der zwei Tage lang in Suderburg zu diesem Thema erfolgte – mit dem Ziel „Wasser: mehr Segen – weniger Fluch“.“

Feldberegnung in Niedersachsen: Verdoppelt sich der Bedarf bis 2050?

Ekkehard Fricke, Sachgebietsleiter Beregnung und Wassermanagement bei der Landwirtschaftskammer Niedersachsen, ist vor dem Hintergrund seiner langjährigen Erfahrung einer der bedeutendsten Experten bei Fragen der Feldbewässerung. Neben der Arbeit für die Landwirtschaftskammer Niedersachsen ist er auch Geschäftsführer beim Fachverband Feldberegnung e.V. Dieser Verein wurde vor 72 Jahren (!) als „Arbeitskreis zur Förderung der Feldberegnung im Gebiet der Landwirtschaftskammer Hannover“ von der Landwirtschaftskammer und engagierten Landwirten aus den Landkreisen Uelzen, Gifhorn, Peine und Hannover gegründet. Ihr Ziel war es die Feldberegnung zu professionalisieren und als bedeutende Voraussetzung für den Ackerbau auf den leichten Standorten Niedersachsens zu verankern. Fricke machte gleich zu Anfang seines Beitrages auf die besondere Bedeutung der Feldberegnung für Niedersachsen aufmerksam: 14% der Agrarfläche wird in Niedersachsen beregnet, der bundesweite Durchschnitt liegt lediglich bei 5%. Fast 50 % der Beregnungsfläche Deutschlands liegen in Niedersachsen. Dabei ist die Verteilung der Feldberegnung in Niedersachsen regional sehr unterschiedlich. Auf den Sandböden mit geringer Wasserspeicherkapazität in Nordostniedersachsen hat sich durch die Feldberegnung ein erfolgreicher Ackerbau etabliert.

E. Fricke berichtet über den Bedarf der Feldberegnung in Niedersachsen (©K. Röttcher)

Doch auch im Westen Niedersachsens steigt die Beregnungsfläche. Denn alle Landwirte wissen: die gezielte Bewässerung erhöht die Nährstoffausnutzung und verringert die Nährstoffverluste in die Atmosphäre und in das Grundwasser. Sie stabilisiert die Erträge und macht so landwirtschaftliche Betriebe zu stabilen Marktpartnern. Ekkehard Fricke geht davon aus, dass sich der Bedarf der Feldberegnung bis 2050 verdoppeln wird: von 250-300 Mio. m³/Jahr zu 500-600 Mio. m³/Jahr. Die Beregnungsflächen werden sich erhöhen, ebenso wie die Beregnungsmenge pro Hektar auf heute bereits beregneten Flächen. Auch die Reduzierung der Tierhaltung in Nordwestniedersachsen wird zur Ausweitung und Intensivierung des Ackerbaus führen. Dies wird meist mit einem größeren Beregnungsbedarf einhergehen. Ebenso die zunehmende Nachfrage nach regional erzeugten Produkten wird zu einer Erweiterung u.a. des Gemüseanbaus führen mit entsprechendem Wasserbedarf.

Frühling und Sommer werden trockener
Dr. M.-C. Hajati erklärt anhand von Klimadaten wie sich die Wasserverfügbarkeit in Niedersachsen ändert (©S. von Davier/NAN)

Ein weiterer Grund für den Anstieg liegt in den klimatischen Veränderungen. Sie machen eine Ausweitung der Beregnungsflächen und eine Erhöhung der Beregnungsmengen erforderlich. Die Datengrundlage dazu lieferte Dr. Mithra-Christin Hajati vom niedersächsischen Kompetenzzentrum Klimawandel (NIKO). Diese Institution besteht seit 2021 und bereitet Klimadaten auf. Darauf aufbauend berät und informiert das NIKO zum Klimawandel, seinen Folgen und zur Klimaanpassung. Durch anschauliche Diagramme machte Mithra-Christin Hajati klar, dass der Klimawandel bereits heute zu trockeneren Sommern führt und die Winter immer nasser werden. Da die saisonale Betrachtung der Niederschläge bedeutend für die Feldbewässerung ist, müssen auch die trockeneren Frühlinge berücksichtigt werden. Allerdings kann über Klimaprojektionen noch nicht sicher dargestellt werden, ob es sich um einen Trend handelt. Im Mittel wird sich bei der Grundwasserneubildung nicht viel ändern, weil sie überproportional vom Winterniederschlag profitiert. Dieser fällt aber vielfach nicht mehr als Schnee, sondern als schneller abfließender und weniger versickernder Regen. Da die Extreme, wie Trockenperioden, intensiver werden, wird die Ressource Grundwasser insbesondere im Sommer durch ausbleibende Niederschläge zusätzlich belastet. Daher sind Anpassungsmaßnahmen nötig, um mehr Wasser in der Landschaft zu halten und es nicht so schnell wie bisher abfließen zu lassen. Ekkehard Fricke unterstrich die Dramatik und machte darauf aufmerksam, dass in einzelnen Regionen die Situation der Grundwasserkörper keine weitere zusätzliche Entnahme erlaubt.

Die Ansatzpunkte zur Erhöhung der Wasserverfügbarkeit sind vielfältig: Neben dem Einsatz von Technologien, um die Effizienz zu steigern und Verluste zu minimieren, kann die Nutzung von alternativen Wasserressourcen und der Wasserrückhalt in der Landschaft helfen. Letzteres griff Ulrich Ostermann vom Kreisverband der Wasser- und Bodenverbände Uelzen auf, indem er anhand von verschiedenen Konzepten und Projekten die Möglichkeiten zur Stabilisierung des Grundwasserhaushaltes vorstellte. Durch den Einsatz von Speicherbecken, Stauanlagen und Versickerungsflächen wird das Grundwasser entlastet bzw. angereichert.

Die digitale Bewässerungssteuerung macht den Bewässerungseinsatz zielgerichteter

Verschiedene Methoden und Systeme unterstützen landwirtschaftliche Betriebe bei der Entscheidung, zu welchem Zeitpunkt und in welcher Menge bewässert werden sollte. Angela Riedel von der Landwirtschaftskammer Niedersachsen und vom Fachverband Feldberegnung e.V. gab hierzu einen Überblick. Sie ergänzte, dass zahlreiche unterschiedliche Faktoren einen Einfluss auf einen optimalen Bewässerungseinsatz haben. Als Beispiel ging sie auf den Einsatz von Bodenfeuchtesensoren ein. Sie unterstrich, dass es sich hier um eine Punktmessung handelt, die beispielsweise heterogene Feldbedingungen nicht abbildet. Daher betonte sie, dass Bodensensoren nicht als alleinige Messmethode herangezogen werden sollten. Grundlegend stellte sie fest, dass mithilfe der Digitalisierung und der Fernerkundung in Zukunft Entscheidungen zum Bewässerungseinsatz noch zielgerichteter erfolgen können.

A. Riedel gibt eine Einschätzung zur Nutzung der verschiedenen Möglichkeiten der Bewässerungssteuerung (©S. von Davier/NAN)
Die Feldbewässerung wird digital
N. Kockemüller stellt erste Ergebnisse aus dem Projekt "5G in der Landwirtschaft" vor (©S. von Davier/NAN)

Nathalie Kockemüller von der Ostfalia Hochschule für angewandte Wissenschaften stellte Untersuchungen zur Messgenauigkeit und Möglichkeit zur Einspeisung der Daten auf eine Datenplattform von verschiedenen Bodensensoren vor und vermittelte ein gemischtes Bild. Dabei sind die Anforderungen an Bodensensoren die Grundlage auf denen das Projekt „5G in der Landwirtschaft“ (5GLa) aufbaut, das im Landkreis Uelzen umgesetzt wird. Die Bodendaten sollen Multispektralkamera-Analysen der Feldbestände kalibrieren, die durch den Einsatz von Drohnen aufgenommen wurden. Die Datenübertragung erfolgt über die leistungsfähige fünfte Mobilfunkgeneration. Das Fernziel des Projektes erklärte Professor Klaus Röttcher: Über eine Datenplattform sollen die Daten von den verschiedenen Sensoren und Maschinen vernetzt und an einem Ort verfügbar gemacht werden. Durch eine KI-gestützte Verarbeitung der Daten werden Bewässerungsempfehlungen abgeleitet. Das 5GLa-Projekt ist als Pionierprojekt eingebettet in die Digitalisierungsstrategie des Landkreises.

„Digitalisierung unterstützt landwirtschaftliche Betriebe bei der Bewirtschaftung, um z.B. durch treffsichere Prognosen für eine effiziente Feldbewässerung die Erträge und damit das Einkommen zu sichern. Als Landkreis Uelzen leisten wir mit der Durchführung des Projekts 5GLa und dem weiteren Ausbau digitaler Infrastrukturen unseren Beitrag für eine resiliente und nachhaltige Lebens- und Nahrungsmittelversorgung im Kontext von Klimawandel, Umweltverschmutzung und Ressourcenknappheit. Zusammen mit den Kompetenzen von der Hochschule Ostfalia, der Landwirtschaftskammer, den Fachverbänden, den engagierten Landwirten vor Ort und den vorhandenen Infrastrukturen haben wir hier die idealen Voraussetzungen für ein Reallabor „Wassermanagement und Feldberegnung im ländlichen Raum“, hält Jens Geißmann-Fuchs, Leiter der Stabstelle Wirtschaftsförderung, fest.

J. Geißmann-Fuchs gibt einen Einblick in die Digitalisierungsstrategie des Landkreises Uelzen (©S. von Davier/NAN)
Prof. G. Bikker stellt Ideen zur Gewinnung von Fachkräften für die Digitalisierung vor (©K. Röttcher)

Neben dem Fortschritt der technologischen Entwicklungen ist es genauso wichtig, den Bedarf an Fachkräften zu decken. Auf diesen Aspekt ging Professor Gert Bikker vom Institut für Verteilte Systeme an der Ostfalia Hochschule für angewandte Wissenschaften und Vorstand des „Center for Digital Technologies“ in einem Impulsvortrag ein. Während die Anzahl der Studierenden im Bereich Informatik zunimmt, geht bei den ebenso wichtigen Ingenieurswissenschaften die Zahl zurück. Um diesem entgegenzuwirken, sprach er sich für ein projektbasiertes, interdisziplinäres Lehren und Lernen aus, wie es in dem Studienprogramm „Digital Technologies“ an der Technischen Universität Clausthal in Kooperation mit der Ostfalia Hochschule durchgeführt wird.

Feldrobotik: Die Feldbewässerung wird autonom
Dr. H. Müller stellt das EIP-Agri-Projekt WaterWise vor (©S. von Davier/NAN)

Um dem Fachkräftemangel auf dem Acker entgegenzuwirken, bietet die Feldrobotik Lösungswege. Hinrich Brase und Paul Bühnemann von der AGRAVIS Raiffeisen AG stellten dazu Beispiele aus dem Pflanzenschutz vor, die schon in der Praxis angekommen sind, wie den Sä- und Hackroboter FarmDroid FD20. Sie lassen sich punktuell auch auf Fragen der Bewässerung übertragen. Auch bietet die Agrarrobotik die Chance, wieder kleinere Maschinen auf dem Feld einzusetzen, die zu weniger Bodenverdichtung führen und somit das Vermögen der Wasserinfiltration nicht gefährden.

Das über die Europäische Innovationspartnerschaft Landwirtschaft (EIP -Agri) geförderte Projekt „WaterWise“ befasst sich genau mit diesen Anforderungen an die Feldrobotik in der Bewässerung. Dr. Henning Müller vom Hof Fleming stellte stellvertretend für den Konsortialführer, die Hochschule Osnabrück, das Konzept des Projektes vor, bei dem ein energieautarkes und langzeit-autonomes System entwickelt wird. Dabei setzen sich die Projektpartner auch mit der Fragestellung auseinander, wie die effiziente Balance zwischen Gewicht des Roboters, transportierter Wassermenge und Kosten aussehen muss.

Feldbewässerung: Wasserverschwendung oder Lebensmittelherstellung?

In einer abschließenden Podiumsdiskussion wurde die gesellschaftliche Akzeptanz der Feldbewässerung thematisiert. Dirk Gieschen, Geschäftsführer GMC Marketing GmbH Tarmstedt, hielt fest, dass das Narrativ entscheidend ist. Die Landwirtschaft verschwendet kein Wasser, sondern stellt damit Lebensmittel her. Um die Botschaft verständlich und greifbar zu machen, rät er zum Weg des Storytellings.

Die gesellschaftliche Akzeptanz der Feldberegnung wird in einer Diskussionsrunde thematisiert: H. Freiherr von Münchhausen, C.-W. Drewes, K. Beckmann und D. Gieschen (v.l.) (©K. Röttcher)

Carsten-Wilhelm Drewes, Kreislandwirt in Celle, konnte keine öffentliche Kritik an der Feldbewässerung bestätigen. Seine persönliche Erfahrung geht sogar so weit, dass Kunden seines Hofladens mitteilten, freiwillig auf die Bewässerung ihrer Gärten zu verzichten, damit er mehr zur Verfügung hat. Sein Argument ist zudem, dass er durch die Beregnung hocheffizient Lebensmittel herstellen kann.
Karin Beckmann, Landesbeauftragte beim Amt für regionale Landesentwicklung Lüneburg, konnte auch nicht den Eindruck teilen, dass die Feldbewässerung in der Region ein großes Konfliktthema ist. Allerdings hält sie es für wichtig, dass sich die Landwirtschaft mit den steigenden Herausforderungen der Feldbewässerung auseinandersetzt, wie es beispielsweise die Landwirtschaftskammer Niedersachsen mit ihrem Versuchswesen tut.

Volker Hahn, Landwirt und Vorstandsvorsitzender des Netzwerk Ackerbau Niedersachsen (NAN) e.V., zeigte sich in seinem Schlusswort erfreut über das breite Interesse an der Veranstaltung und unterstrich die Bedeutung des Austausches. In seinem Betrieb hat die Beregnung insbesondere bei der Kartoffel eine große Bedeutung und er wies auf deren hohe betriebswirtschaftliche Bedeutung hin. Vom einstigen Denken „Das Wasser muss weg“ habe man sich längst verabschiedet. An vielen Stellen arbeiten Landwirte und Beregnungsverbände daran, das Wasser in der Landschaft zu halten, Wasser bei der Beregnung effizienter einzusetzen und nach Alternativen zum Grundwasser zu suchen bspw. bei gereinigtem Brauchwasser. Schließlich machte er darauf aufmerksam, dass das Ackerbauzentrum Niedersachsen, das vom NAN mit finanzieller Förderung durch das Land Niedersachsen getragen wird, das Thema Wassereinsatz in der Landwirtschaft weiterbearbeiten wird.

NAN-Vorstand V. Hahn unterstreicht die Bedeutung des Austausches in seinen Schlussworten (©S. von Davier/NAN)

Feldtag: Raus auf den Acker!

Die Teilnehmer ließen sich am zweiten Tag nicht von dem strömenden Regen abhalten die Veranstaltung auf der Versuchsstation Hamerstorf fortzusetzen. Hilmar Freiherr von Münchhausen vom Ackerbauzentrum Niedersachsen, Henrich Meyer zu Vilsendorf vom Niedersächsischen Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz und Ekkehard Fricke, Landwirtschaftskammer Niedersachsen und Fachverband Feldberegnung e.V., begrüßten die Gäste.

Der Standort Hamerstorf im Landkreis Uelzen ist die einzige Versuchsstation mit Versuchen zur Feldberegnung in Niedersachsen und ist mit der Komplexität der Versuche einmalig in ganz Deutschland. Die Mitarbeiter der Landwirtschaftskammer Niedersachsen erklärten den Tagungsgästen die verschiedenen Fragestellungen und Ergebnisse der Versuche. Ein fester Bestandteil sind die Feldversuche zur Beregnungsbedürftigkeit von Ackerkulturen. Hier wird die Frage geklärt, inwieweit die Beregnung Einfluss auf die Ertragsleistung und Qualitätseigenschaften hat. Auch neue Kulturen, wie die Sojabohne, werden in die Fruchtfolge aufgenommen. Versuchsergebnisse aus zwei Jahren zeigen, dass Sojabohnen nicht nur ausreichend Wärme, sondern eben auch Wasser benötigen. Eine Beregnung der Sojabohne zum richtigen Zeitpunkt bringt eine deutliche Steigerung im Kornertrag. Auch die Nährstoffausnutzung wird in Versuchen betrachtet. Sie zeigen, dass der Rest-Stickstoff nach der Ernte in der beregneten Kultur deutlicher geringer ist als in der unberegneten Variante. Dies unterstreicht die Bedeutung der Beregnung auch aus Sicht des Grundwasserschutzes.

H. Freiherr von Münchhausen und E. Fricke begrüßen die Teilnehmer zum Feldtag in Hamerstorf (v.l.) (©J. Grocholl/LWK Niedersachsen)
A. Riedel gibt Informationen zum Versuchsstandort Hamerstorf (©J. Grocholl/LWK Niedersachsen)
H. Gödeke erläutert die Effekte der Beregnung auf die Stickstoffeffizienz (©J. Grocholl/LWK Niedersachsen)

Seit 2022 kommt zur weiteren Optimierung ein „Rainshelter“ zum Einsatz. Dabei handelt es sich um ein Regenschutzdach, das sich bei einsetzendem Niederschlag automatisch schließt und so Beregnungsversuche unter Freilandbedingungen, aber unter Ausschluss von natürlichem Regen erlaubt. Anwendung findet die Anlage seit 2 Jahren im Projekt „Rebekka“ (= Ressourcenschonendes Bewässerungs- und Stickstoffmanagement für Kartoffel und Winterweizen), das sich mit der Entwicklung von Beratungsmodellen für die Stickstoffdüngung und Beregnung in Winterweizen und Kartoffeln befasst. Um das Modell zu verbessern, werden im Rainshelter Daten zum Trockenstress generiert. Die Projektpartner sind Professor Henning Kage und Caroline Weißflog von der Christian-Albrechts-Universität Kiel in Kooperation mit dem Informationssystem für die integrierte Pflanzenproduktion (ISIP e.V.).

Prof. H. Kage erklärt die Entwicklung des Beratungsmodell für Winterweizen (©J. Grocholl/LWK Niedersachsen)
C. Weißflog erläutert Versuchsergebnisse für das Beratungsmodell bei Kartoffeln (©J. Grocholl/LWK Niedersachsen)

Danach ging es zu den benachbarten Ackerflächen der AGRAVIS Future Farm in Suderburg. Dort wurden an sechs Stationen technische und digitale Innovationen für die Feldbewässerung vorgestellt.
Neben dem eigens für die Versuche im Projekt 5GLa errichteten 5G-Mast erklärten Felix Schmidt und Domenik Jentsch von der Fakultät Bau-Wasser-Boden der Ostfalia Hochschule für angewandte Wissenschaften wie sie im Projekt 5GLa Bodenfeuchtesensoren und Drohnen mit Multispektralkameras zur Erfassung von Bodenbedingungen und Pflanzenbeständen einsetzen und verknüpfen.

H. Brase begrüßt die Tagungsgäste auf den Versuchsfeldern der AGRAVIS Future Farm (©J. Grocholl/LWK Niedersachsen)
Domenik Jentsch erklärkt die Multispektralkamera (©J. Grocholl/LWK Niedersachsen)
Felix Schmidt informiert zur Handhabbarkeit von Bodensensoren (©J. Grocholl/LWK Niedersachsen)
F. Püffel erklärt das Raindancer-System (©S. von Davier/NAN)

Ein ganzheitliches Steuerungssystem für die Feldbewässerung präsentierte Frederik Püffel von der Beregnung Fasterholt GmbH. Mit dem Raindancer-System der Firma IT-Direkt Business Technologies GmbH kann über GPS-Module die Sektorsteuerung der Beregnung aus der Ferne bedient werden und mit einer automatischen Pumpensteuerung verknüpft werden. Das System bietet darüber hinaus Schnittstellen zur Einbindung von Wetterstationen und Bodensensoren. Dieses wurde am Beispiel des FasterRain-Systems erläutert.

Auf die Tröpfchen kommt es an

Das patentierte Düsengestänge DL66 Pro von der Beregnung Fasterholt GmbH, vorgestellt von Joachim Timm und Max Ripke, erreicht durch Teleskopierbarkeit Arbeitsbreiten bis zu 90 m. Die Segmentbauweise ermöglicht eine Teilbreitenschaltung und die Sprinkler versprühen das Wasser nur 1 – 1,5 m über dem Pflanzenbestand. Ein besonderer Fokus liegt auf der Beschaffenheit der Sprinkler. Durch die Rotationsbewegung der Verteileinheit entstehen ganz kleine Tropfen, die einem natürlichen Landregen nahekommen. Die Technik ist kurz vor dem Praxiseinsatz und soll in Kürze auf den ersten landwirtschaftlichen Betrieben zum Einsatz kommen.

Düsengestänge DL 66 (©J. Grocholl/LWK Niedersachsen)
Sprinkler (©J. Grocholl/LWK Niedersachsen)

Arne Klages von der AGRAVIS Pflanzenbau teilte seine Erfahrungen aus dem intensiven Kartoffelanbau zur Tröpfchenbewässerung. Sie ist die effizienteste Bewässerungsmöglichkeit und bietet pflanzenbauliche Vorteile. So trägt sie beispielsweise nicht zu einem feuchten Mikroklima im Bestand bei, die die Ausbreitung von Krautfäule unterstützt. Allerdings sind der Aufbau und die Reparatur der Bewässerungsschläuche sehr arbeits- und personalintensiv. In vielen Gegenden sind Krähen, Nagetiere oder einfach nur Steine im Feld die Hauptfeinde der Tropfschläuche. Durch den geringen Druck sind sie ungeeignet für geneigtes Gelände. Die Kosten liegen bei etwa 1000 €/ ha und eine mehrjährige Verwendung ist nicht gesichert. Des Weiteren muss auch die Entsorgung der Schläuche berücksichtigt werden.

A. Klages teilt seine Erfahrungen mit der Tröpfchenbewässerung (©S. von Davier/NAN)

Ebenfalls vorgestellt wurde der Beregnungsroboter Rainbutler. Dieser kann selbstständig unterschiedliche Schlagformen abfahren und bewässern. Michael Pokriefke von der Rain2Soil GmbH erklärte den Prototypen, der über ein rotierendes Düsengestänge beregnet. Mit der vorgestellten Version mit 300 m Schlauch und einem Gewicht von 3,5 Tonnen könnten bei mittig angeordnetem Brunnen 10 ha beregnet werden. Eine Version mit 500 m Schlauch ist in Vorbereitung.

M. Pokriefke erklärt den Rainbutler (©S. von Davier/NAN)
Der Rainbutler von der Rain2Soil GmbH (©J. Grocholl/LWK Niedersachsen)
Der Rainbutler von der Rain2Soil GmbH (©J. Grocholl/LWK Niedersachsen)

Fazit

Die Feldbewässerung ist mehr als nur die Wasserversorgung von Ackerkulturen. Sie ist auch ein pflanzenbauliches Steuerungselement bei der Nährstoffversorgung und ein Weg, um die Nitratauswaschung zu verringern.

Das Wasser geht bei richtiger Beregnung nicht verloren. Die Kreisläufe müssen aber funktionieren und erhalten bleiben. Der Stand des Grundwasserkörpers muss einem intensiven Monitoring unterliegen, damit er nicht übernutzt wird. Gleichzeitig muss alles getan werden, um Wasser in der Landschaft zu halten, sei es als direkte Quelle für die Beregnung oder für die Versickerung und damit zur Anreicherung des Grundwassers.

Zahlreiche digitale und technische Anwendungen sind auf dem Weg in die Praxis, um zusammen mit dem Wissen der Landwirte die Feldbewässerung effizienter, präziser und nachhaltiger zu machen. Außerdem bieten die technischen Innovationen die Möglichkeit, Arbeitszeit einzusparen. Die (teilweise) hohen Anschaffungskosten müssen jedoch berücksichtigt werden. An vielen Stellen scheint die Wirtschaftlichkeit noch nicht gegeben zu sein.

Bei der Beregnungssteuerung sollten mehrere Methoden kombiniert angewendet werden, um die komplexe Feldsituation besser zu erfassen. Bei all den technischen und digitalen Technologien ist die langjährige Erfahrung des Beregnungspraktikers und sein Blick in den Boden als wertvoller Teil des Beregnungsmanagements unverzichtbar.

Schließlich ist es wichtig, am gesellschaftlichen Rückhalt für die Feldbewässerung zu arbeiten und Aufklärungsarbeit zu intensivieren. Der Flickenteppich an Einschränkungen für die Beregnung je nach Landkreis ist bei aller Berücksichtigung naturräumlicher Unterschiede abzubauen. Langfristig wird der Wasserbedarf für die Beregnung steigen, um die Erzeugung regionaler Produkte zu ermöglichen. Die Landwirtschaft hat sich mit den Unternehmen der Landtechnikindustrie auf den Weg gemacht, um technische Innovationen zu entwickeln und zu erproben. Von politischer Seite braucht es jetzt auf allen administrativen Ebenen Planungssicherheit, damit sich am Ende die Investitionen in neue Beregnungstechnik auch lohnen. All dies sind wichtige Voraussetzungen, um die Beregnung in die Gesamtstrategie für einen nachhaltigen Ackerbau zu integrieren.

Freigegebene Präsentationen der Referenten:

Unser Podcast zur Bewässerung in der Landwirtschaft hier zum Anhören:

Impressionen

Veranstalter

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Wir danken AGRAVIS, dem Landkreis Uelzen, dem Fachverband Feldberegnung e.V., der Ostfalia Hochschule für angewandte Wissenschaften und dem Institut für nachhaltige Bewässerung und Wasserwirtschaft im ländlichen Raum für die Unterstützung dieser Veranstaltung.

Das Projekt 5GLa – 5G in der Landwirtschaft ist Teil im 5G-Innovationswettbewerb und wird gefördert vom Bundesministerium für Digitales und Verkehr.

Das NAN mit dem Ackerbauzentrum Niedersachsen ist Teil des Organisationsteams. Das Ackerbauzentrum wird mit Mitteln des Landes Niedersachsen gefördert.